INTEGRATION A–Z
SPORTGERICHT
141
Sportgericht
Definition:
Alle Sportverbände, ob im Tennis, Basketball oder Fußball, betreiben eigene Gerichte und Spruch
kammern, um über interne sportliche Streitfragen, Regelverstöße, Beschwerden und Sanktionen
(
z.B. durch Spielsperren oder Geldstrafen) von Einzelpersonen oder Vereinen zu entscheiden.
Für rechtliche Entscheidungen und Sanktionen im Fußball gegenüber Vereinen und Spieler/innen der
Lizenzligen, der 3. Liga, der Regionalliga, der Junioren-Bundesligen und der 1. und 2. Frauen-
Bundesliga ist der DFB zuständig. Die einzelnen Landes- und Regionalverbände des DFB haben für ihre
Spielklassen eigene Sport- und Verbandsgerichte. Zum Teil gibt es dort auch gesonderte Instanzen für
Verfahren gegen Jugendspieler/innen. Gegen die Entscheidungen der Sportgerichte kann in der Regel
Berufung eingelegt werden. Die höchste sportgerichtliche Instanz im Zuständigkeitsbereich des DFB
ist das DFB-Bundesgericht.
Die Sportgerichte bestehen zumeist aus einem/r Vorsitzenden und mehreren Beisitzer/innen, die vom
DFB oder seinen Mitgliedsverbänden berufen werden. Die Mitglieder der Sportgerichte arbeiten aus-
schließlich ehrenamtlich. Abgesehen von den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden des
DFB- Sport- und Bundesgerichts müssen die Sportrichter/innen keine Jurist/innen sein. Wichtige
Voraussetzungen sind Fußballinteresse, gute Kenntnisse der Fußball-Regeln und Vorschriften,
Empathie und Erfahrung. Die Sportrichter/innen sind in ihren Entscheidungen unabhängig und nur
dem geschriebenen und ungeschriebenen Recht des Sports und ihrem Gewissen unterworfen. Als
Rechtsgrundlage dienen die Satzungen und Ordnungen des DFB und seiner Mitgliedsverbände.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Die Sportgerichte sind unentbehrlich, um einen geordneten Spielbetrieb zu garantieren. Sie sorgen für
Gerechtigkeit und sportliches Fair Play. Nicht nur durch Sanktionen, wie z.B. Spielsperren, Geldstrafen
oder die Aberkennung von Punkten, sondern auch durch Anhörung und Schlichtung können sie zu
Ausgleich und Verständigung beitragen. Durch vernünftige und interessengerechte Entscheidungen
der Sportgerichte kann viel für den Fußball als einen friedlichen Breitensport getan werden.
Sportgerichte haben folglich nicht nur eine repressive Aufgabe, sondern dienen auch der
Gewaltprävention. Durch ihre Funktion als Vereins- bzw. Verbandsgerichtsbarkeit entlasten sie die
staatliche Gerichtsbarkeit enorm. Nur in sehr wenigen Fällen werden Entscheidungen aus der
Sportgerichtsbarkeit bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit anhängig gemacht.
Bedeutung für den Fußball:
Die Schlichtung vermeintlich „ethnischer Konflikte“ auf dem Fußballplatz vor dem Sportgericht ist
eine anspruchsvolle Aufgabe für die ehrenamtlichen Sportrichter/innen. Sie leisten mit ihrer sach-
orientierten und objektiven Bewertung einen wichtigen Beitrag zur vorurteilsfreien Gleichbehandlung
aller Spieler/innen. Auswertungen von Sportgerichtsurteilen zeigen allerdings auch, dass
Spieler/innen mit Migrationshintergrund und ethnische Vereine für Vergehen in vereinzelten Fällen
höher bestraft werden als Spieler/innen deutscher Herkunft in vergleichbaren Fällen.
84
Gehen
84
Pilz, Gunter: Fußball und Gewalt – Auswertung der Verwaltungs-
entscheide und Sportgerichtsurteile im Bereich des Niedersächsischen
Fußball Verbandes Saison 1998-1999, Hannover. (2000)
INTEGRATION A–Z
SENSIBILISIERUNG
140
Sensibilisierung
Definition:
Sensibilität als menschliche Eigenschaft wird in der Umgangssprache nicht selten abschätzig als psy-
chische Labilität missverstanden. In Wirklichkeit verfügen sensible Menschen jedoch meist über einen
besseren Sensor als andere. Das Wort sensibel kommt aus dem Französischen und bedeutet „empfin-
den können“. Daher ist Sensibilität eher eine zwischenmenschliche Kompetenz und Stärke als eine
Schwäche. Mit Sensibilisierung ist zumeist die Bewusstmachung eines bestimmten Sachverhalts oder
Problems gemeint.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Die gesellschaftliche Sensibilität für alle Fragen rund um das Thema Integration und kulturelle Vielfalt
sollte weiter gefördert werden. Obwohl das Thema durch die demographische Entwicklung an
medialer Aufmerksamkeit gewonnen hat, ist noch immer in einigen Bereichen ein Umdenken in der
Gesellschaft notwendig, um Menschen mit Migrationshintergrund die gleichberechtigte Teilhabe am
öffentlichen Leben in Deutschland zu ermöglichen. Ein sensibler Umgang mit dem Thema bedeutet,
Integration als Querschnittsaufgabe in allen gesellschaftlichen Prozessen zu verankern. Die
Aufmerksamkeit für soziale und kulturelle Unterschiede sollte weiter geschärft werden, um sozialen
Diskriminierungen vorzubeugen und allen Bürger/innen, unabhängig von der Herkunft, gesellschaft-
liche Chancengleichheit zu garantieren. Ziel von Sensibilisierung ist nicht bloß eine passive Toleranz,
sondern die aktive Anerkennung von Unterschieden. Interkulturelle Kompetenz, die einen kultursensi-
blen Umgang ermöglicht, wird aufgrund der Pluralität unserer Gesellschaft immer wichtiger. Die
Wahrnehmung von kulturellen Unterschieden und ein sensibler Umgang mit diesen Unterschieden ist
ein zentraler Bestandteil interkulturellen Lernens.
Bedeutung für den Fußball:
Für ein friedliches und erfolgreiches Zusammenspiel im Verein und der Mannschaft ist eine sensible
Auseinandersetzung mit den Stärken und Schwächen der Mitspieler/innen gefordert. Herab-
würdigungen aufgrund kultureller oder sozialer Unterschiede können sehr verletzend sein.
Trainer/innen und Betreuer/innen sollten Offenheit gegenüber kulturellen Unterschieden vorleben und
Vorbilder sein, den ihr Verhalten strahlt auf die Mannschaft ab. Diskriminierende Äußerungen sollten
sofort unterbunden werden. Kulturelle Unterschiede, wie Ess- und Trinkgewohnheiten, religiöse
Vorschriften oder Schamgrenzen sollten akzeptiert werden.
Mit Offenheit und Neugier lässt sich viel über andere Kulturen und Traditionen erfahren. Statt überei-
nander sollte mehr miteinander geredet werden. Dazu gehört auch die Kraft, eigene Gewissheiten und
Standpunkte kritisch zu hinterfragen. Eine offene Kultur des Sports zu gestalten, die gegenseitigen
Respekt und Fairplay in den Vordergrund stellt, beginnt in der eigenen Mannschaft und im eigenen
Verein. Die Förderung gegenseitigen Verständnisses ist eine der großen Chancen für die Integration
in und durch Fußball. Interkulturelle Kompetenz, die im Sport erlernt wurde, kann sich auch in anderen
Bereichen als hilfreich erweisen, zum Beispiel in der Schule oder im Berufsleben.