INTEGRATION A–Z
NACHHALTIGKEIT
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Nachhaltigkeit
Definition:
Die Idee der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Waldhüter und Baumfäller
begriffen früh, dass sie durch die übermäßige Abholzung des Waldes am Ast ihrer eigenen Zukunft
sägten. Nachhaltigkeit bedeutete die Nutzung einer natürlichen Ressource nur in dem Maße, wie sich
ihr Bestand auf natürliche Weise regenerieren konnte. Seitdem wurde das Konzept der Nachhaltigkeit
erweitert und wird heute anhand dreier Ebenen beschrieben. Ökologische Nachhaltigkeit bedeutet
Umwelt und Natur umfassend zu schützen; ökonomische Nachhaltigkeit sichert durch ihre regenera-
tive Nutzung natürliche Ressourcen und damit den Wohlstand zukünftiger Generationen; soziale
Nachhaltigkeit fördert Strategien, die allen Menschen in Gegenwart und Zukunft eine gleichberech-
tigte Teilhabe an einer lebenswerten Gesellschaft ermöglichen. Eine zentrale Erkenntnis der
Nachhaltigkeitsdebatte ist, dass alle drei Ebenen vielfältig, auf regionaler, nationaler und globaler
Ebene verknüpft sind.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit in Politik und Wirtschaft wurden seit den 1970er Jahren laut.
Damals wuchs der Zweifel, ob wirtschaftliches Wachstum unbegrenzt möglich sei, ohne die Existenz
von Mensch und Umwelt dauerhaft zu gefährden. In der Umweltpolitik wurden zum ersten Mal globale
Entwicklungszusammenhänge und ihre Probleme deutlich, die - zum Beispiel Klimawandel - nur
gemeinsam gelöst werden können. Die Globalisierung setzte alle Menschen der Erde wieder in dassel-
be Boot.
Heute ist Nachhaltigkeit längst nicht mehr nur ein Streitthema von Umweltschützern, sondern auch
der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Strategien nachhaltiger Entwicklung versuchen dabei einen
Interessensausgleich zwischen Industriegesellschaften, Entwicklungsländern und ihren zukünftigen
Generationen zu schaffen. Nachhaltigkeit bedeutet, den Bedürfnissen heute lebender Menschen nach-
zukommen, ohne dadurch die Möglichkeiten zukünftiger Generationen einzuschränken. Nachhaltiges
Denken und Handeln erfordert politische, wirtschaftliche und soziale Strategien, die auf globale und
generationenübergreifende Gerechtigkeit zielen. Wichtige Felder sozialer Nachhaltigkeit sind
Integration und Bildung.
Ein Zukunftstrend Deutschlands ist der wachsende Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund.
Die demographische Entwicklung verspricht große Potenziale für die Zukunft, birgt aber auch das
Risiko gesellschaftlicher Spannungen. Eine nachhaltige Integrationspolitik muss daher versuchen, die
großen Chancen von Zuwanderung und kultureller Vielfalt zu nutzen und Anerkennung, Partizipation
und soziale Gerechtigkeit zu fördern. Um gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen, müssen mögliche
Benachteiligungen von Migrant/innen und anderen Gruppen weiter abgebaut werden. Einige Ziele
nachhaltiger Integrationspolitik wurden im Nationalen Integrationsplan entwickelt und festgelegt, so
zum Beispiel die gezielte Förderung von Sprachkompetenz. Nachhaltigkeit erfordert gemeinsame
Anstrengungen, was durch die breite Zusammensetzung des Nationalen Integrationsplans erfolgreich
zum Ausdruck kommt.
INTEGRATION A–Z
MIGRATION
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Umgekehrt stimuliert und verändert Migration auch den Fußball. Kulturelle Unterschiede haben sich
dabei als wertvoll erwiesen. Ob nun Lukas Podolski, Mesut Özil, Fatmire Bajramaj oder Célia Okoyino
da Mbabi, die Selbstverständlichkeit dieser Spieler/innen in den Teams fördert die Anerkennung von
Migration insgesamt. Positive Vorbilder zeigen dem Nachwuchs, „dass man es schaffen kann“. Auch
Trainern/innen und Schiedsrichter/innen haben immer häufiger einen Migrationshintergrund.
Angesichts der demographischen Entwicklung scheint es nicht übertrieben, die Kinder mit
Migrationshintergrund als eine Stütze der Zukunft des deutschen Fußballs zu bezeichnen.
Untersuchungen haben ergeben, dass die strukturelle Integration von Menschen mit
Migrationshintergrund in deutsche Fußballvereine weiter fortgeschritten ist, als in anderen gesell-
schaftlichen Bereichen wie dem Bildungssektor oder Arbeitsmarkt.
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Allerdings gibt es unter den
Migrant/innen Gruppen, die bisher deutlich unterrepräsentiert sind, insbesondere muslimische
Mädchen und Frauen. Ressentiments gegenüber der vermeintlichen Männerdomäne Fußball mischen
sich hier mit kulturellen Vorbehalten. Darüber hinaus finden Kinder aus Zuwandererfamilien erst spä-
ter als ihre gleichaltrigen Mitspieler/innen ohne Migrationshintergrund den Weg in einen
Fußballverein.
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Der DFB fördert daher im Mädchenbereich seit 2006 das Modell-Projekt „Soziale
Integration von Mädchen auf Fußball“, das basierend auf der Kooperation von Schule und Verein,
junge Mädchen insbesondere mit Migrationshintergrund in Grundschulen für den Fußballsport
gewinnt. Der vertrauensstiftende Rahmen ihrer Schule ermöglicht vielen Mädchen den ersten Schritt
in den Fußball, da gerade traditionelle Eltern Hemmungen gegenüber Mädchen-Fußball und
Fußballvereinen haben, aber der Institution Schule vertrauen. Da weibliche Bezugspersonen hierbei
insbesondere für Mädchen mit Migrationshintergrund und deren Eltern von entscheidender
Bedeutung sind, vielfach aber noch im Fußballsport fehlen, werden jugendliche Mädchen weiterfüh-
render Schulen, die ebenfalls oft einen Migrationshintergrund haben, im Rahmen der DFB-
Ausbildungsordnung ausgebildet und begleiten die Fußballangebote in Schule und Verein.
Bei der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gibt es noch immer
Verbesserungspotenzial. Ein offener Umgang mit kulturellen Unterschieden und die Betonung von
Gemeinsamkeiten stehen im Mittelpunkt integrativer Vereinsarbeit. Durch die Partizipation im Verein
können die Spieler auch in anderen Bereichen Integrationseffekte erzielen. Sportliches Engagement
korreliert mit besseren Bildungsabschlüssen und größeren Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
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Links:
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Kalter, Frank (2003): Chancen, Fouls und Abseitsfallen. Migranten im
deutschen Ligenfußball. Wiesbaden.
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ebd.
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