INTEGRATION A–Z
FAIRPLAY
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Fairplay
Definition:
Fairplay ist vielleicht die wichtigste Norm in der Ethik des Sports und Bestandteil der Olympischen
Idee. Das Gebot des Fairplay bestimmt maßgeblich die Kultur des Sports und die zwischenmenschli-
chen Beziehungen aller Beteiligten. Ob im Leistungssport oder in der Hobbymannschaft, ohne Fairplay
geht es nicht. Fairplay bedeutet die Regeln des Spiels zu akzeptieren und sie auch in schwierigen
Situationen zu verteidigen. Aber Fairplay ist mehr als die Einhaltung der Spielregeln. Gegner/innen,
Schiedsrichter/innen und Zuschauer/innen zu respektieren und nicht als „Feinde“, sondern als sport-
liche Partner/innen und Menschen zu betrachten, gehört ebenso zum Gedanken des Fairplay, wie ihre
körperliche und psychische Unversehrtheit zu garantieren. Zur Wahrung der Chancengleichheit soll-
ten weder unangemessene eigene Begünstigungen, noch unangemessene Nachteile der Gegner/innen
„
ausgenutzt“ werden. Ohne Chancengleichheit verliert das Spiel seine Bestimmung, seinen Charakter
und seine Attraktivität.
Bedeutung für die Gesellschaft:
Fairplay zeigt exemplarisch, wie Entwicklungen und Errungenschaften des Sports in andere Bereiche
des gesellschaftlichen Lebens zurückwirken. Fairplay wurde als ein zentraler Wertbegriff insbesondere
durch Wirtschaft und Politik adaptiert. Ob im fairen Handel oder in Fairness-Abkommen vor Wahlen –
stets steht der Gedanke der Gleichbehandlung und Gegenseitigkeit im Vordergrund. Auch für andere
Bereiche, zum Beispiel beim Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit oder für die soziale
Integration von Menschen mit Migrationshintergrund kann die Kultur des Sports einen Vorbild-
charakter haben.
Bedeutung für den Fußball:
Alltägliche Beobachtungen zeigen, dass im Fußball Fairplay und Siegeswillen nicht immer völlig in
Einklang zu bringen sind. Einerseits sollen die Spieler/innen Fairness und Respekt vor dem Gegner zei-
gen, andererseits sollen sie erfolgreich sein. In dieser Zwickmühle kann Fairplay verloren gehen.
Jährliche Befragungen im Rahmen des Fairplay-Cup-Niedersachsen von C- und B-Jugend-
Bezirksligafußballspielern legen die Vermutung nahe, dass die Bereitschaft für bestimmte Formen
unfairen Verhaltens, wie zum Beispiel dem „fairen Foul“, mit der Dauer der Mitgliedschaft in einem
Verein sogar zunimmt.
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Dabei unterscheiden die Jugendlichen zwischen „unfairen“ (verletzenden)
Fouls und „fairen Fouls“, wie Zeitspiel, Notbremsen oder Schwalben, die im Interesse des Erfolgs
verübt werden. Dabei werden zum Teil auch gezielte verbale Provokationen oder rassistische
Beleidigungen verwendet, um den Gegner aus der Fassung zu bringen. Eine Folge ist, dass verbale
Fouls in handfesten Auseinandersetzungen enden können. Einen großen Einfluss auf die Bereitschaft
zu unfairem Verhalten haben allerdings auch die Reaktionen der Zuschauer/innen, insbesondere der
Eltern und Verwandten.
Fairplay kann geübt und trainiert werden. Die Vermittlung von fairem Verhalten gehört zu einem guten
Training wie Ausdauer und Technik. Gerade im Jugendbereich kommt positiven Vorbildern, die faires
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Pilz, Gunter: Erziehung zum Fairplay im Wettkampfsport. Ergebnisse
aus Untersuchungen im wettkampforientierten Jugendfußball., Bundes-
gesundheitsblatt 48; 8, 881-889 (2005)
INTEGRATION A–Z
ETHNISCHE SPORTVEREINE
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diskriminiert. Schon der Name kann den Ausschlag für die Wahrnehmung des Vereins als „fremd“
geben. Umbenennungen wurden deshalb immer wieder diskutiert und zum Teil sogar vollzogen.
Innerhalb der „deutschen“ Vereinslandschaft und in den Verbänden finden sich tatsächlich teilweise
Misstrauen gegenüber der Existenz und Arbeit ethnischer Sportvereine. Diesen Herausforderungen
lässt sich in der Regel durch verbesserte Kommunikation miteinander am besten begegnen.
Durch die Bildung von Vorurteilen und Stereotypen können sich gegenseitige Erwartungshaltungen
entwickeln, die Spieler/innen weniger Raum zur Selbstverwirklichung lassen. Es besteht deshalb die
Gefahr, dass sich gerade in der Auseinandersetzung zwischen ethnischen und deutschen Teams eth-
nische Identitäten verfestigen, die auch für die gesellschaftliche Identifikation und das Leben abseits
des Spielfeldes eine negative Rolle spielen können. Sportliche Konflikte werden mit kulturellen
Bedeutungen aufgeladen.
Im Amateurbereich werden ethnische Sportvereine mitunter mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus
konfrontiert. Diese Ausgrenzungs- und Fremdheitserfahrungen bestärken das Gefühl, sich kollektiv
verteidigen zu müssen. Untersuchungen in Niedersachsen haben gezeigt, dass Spieler mit
Migrationshintergrund sowie ethnische Konflikte besonders häufig für Spielabbrüche und gewalttätige
Ausschreitungen auf dem Fußballplatz verantwortlich sind.
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Andererseits gehen diesen Konflikten
nicht selten gezielte verbale – auch rassistische – Provokationen voraus.
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Umfragen unter
Jugendspielern haben ergeben, dass eine Mehrheit regelmäßige Erfahrungen mit Beleidigungen auf
dem Platz macht oder provozierendes Verhalten aus taktischen Gründen befürwortet. Zudem gibt es
Anzeichen, dass Spieler/innen mit Migrationshintergrund durch Schiedsrichter- und Sportgerichts-
urteile für gleiche Vergehen teilweise höher bestraft werden als die Spieler/innen deutscher Herkunft.
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Relativ häufig zeigen sich in ethnischen Sportvereinen strukturelle Defizite. Noch immer verhindern
teilweise mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache oder des Vereins- und Verbandsrechts die
bessere Vernetzung und Kooperation mit den Fußball-Verbänden. Eher häufiger wechselnde
Vorstände und mitunter das Fehlen einer Lobby bei den Kommunalverwaltungen erschweren die kon-
tinuierliche und verlässliche Vereinsarbeit. Teilweise fehlen Übungsplätze und Räumlichkeiten. Auch
in den Strukturen der Verbände (zum Beispiel in Ausschüssen und Sportgerichten) sind Mitglieder eth-
nischer Sportvereine noch zu wenig aktiv und verringern dadurch eigene Chancen der Teilhabe, aber
auch Chancen auf die Steigerung der Akzeptanz und Anerkennung durch die Mehrheitsgesellschaft.
Wichtige Schritte für die weitere Integration ethnischer Vereine stellen Qualifizierung, Vernetzung und
Öffentlichkeitsarbeit dar. Die Landesverbände bieten, neben vielen anderen Qualifizierungs-
angeboten, regelmäßig Lehrgänge zum Thema Vereinsmanagement gerade auch für ethnische
Vereine an. Einige Vereine organisieren mittlerweile Vereins- und Stadtteilfeste mit, um für ihre Arbeit
und um Anerkennung zu werben. Auch die Kooperation mit der Quartiersarbeit, mit Schulen oder
Freizeitheimen und anderen lokalen Initiativen hat sich bewährt.
Ethnische Sportvereine können viel für die Integration tun. Sie gehören in einer pluralistischen
Gesellschaft dazu und sind ein gutes Beispiel für Eigenverantwortung und Empowerment. Dazu gehört
die Bereitschaft, sich zu öffnen und mit anderen zusammenzuarbeiten. Als einer der erfolgreichsten
ethnischen Vereine gilt Türkiyemspor Berlin. Der Verein wurde für seine vorbildliche Jugend- und
Integrationsarbeit mit dem DFB - Mercedes-Benz - Integrationspreis 2007 ausgezeichnet.
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Pilz, Gunter (2000): Fußball und Gewalt – Auswertung der Verwal-
tungsentscheide und Sportgerichtsurteile im Bereich des Nieder-
sächsischen Fußball Verbandes Saison 1998-1999, Hannover.
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ebd.
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ebd.