INTEGRATION A–Z
EMOTIONEN
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Emotionen
Definition:
Emotionen, teilweise synonym Affekte genannt, gehören zum Grundbestand des menschlichen
Ausdrucks. Sie sind sowohl Teil der menschlichen Natur, seiner persönlichen wie kollektiven Identität,
als auch seines sozialen und kulturellen Umfeldes. Emotionen sind zwar universell, jedoch fühlt jeder
Mensch verschieden.
Emotionen sind subjektive Gefühlsregungen (körperliche Erregungszustände und Empfindungen), die
durch einen situationsabhängigen Stimulus hervorgerufen und durch bestimmte Ausdrucksformen
(
zum Beispiel Mimik) und Verhaltenstendenzen artikuliert werden können. Zur Entwicklung der
Emotionen gibt es verschiedene Theorien. Behavioristen argumentieren, dass Menschen ihre
Emotionen aus einem noch unspezifischen Erregungszustand im Neugeborenenalter und durch ihre
Interaktion mit der Umwelt entwickeln.
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Andere Wissenschaftler/innen beschreiben bestimmte Basis-
Emotionen als angeborene Mechanismen.
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Insbesondere Psycholog/innen haben in verschiedenen
Kulturen intensiv nach universellen Emotionen wie Interesse, Leid, Widerwillen, Freude, Zorn,
Überraschung, Scham, Furcht, Verachtung und Schuldgefühl gesucht. Heute ist die Wissenschaft dazu
übergegangen, Emotionen als mehrdimensionale Konstrukte zu begreifen. Emotionen entstehen dem-
nach durch ein komplexes Wechselverhältnis von biologischen Körpervorgängen, inneren
Empfindungen und äußeren Bezüge und können in unterschiedlichen Ausdrucks- und
Verhaltensweisen beobachtet werden. Gefühle sind damit immer gleichsam Natur und Kultur.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Die europäische Geistesgeschichte ist von großer Skepsis gegenüber Emotionen geprägt. Die
Aufklärung sah in Emotionen und Kognition, Gefühlen und Vernunft unvereinbare Gegensätze und nur
in der „Affektkontrolle“ eine Chance für die Weiterentwicklung der Gesellschaft. Zuweilen wurden
Emotionen als evolutionäre Überbleibsel, die zwar einmal einen Zweck erfüllt hätten, nunmehr jedoch
zu sozial schädlichem Verhalten führen könnten, definiert. Das Gefühlsleben sollte aus der
Gesellschaft verdrängt werden. Emotionalität wurde zum Mittel sozialer Distinktion, insbesondere
Frauen, als die vermeintlich emotionaleren Menschen, galten als irrational, unvernünftig und schwach.
Heute werden Menschen als emotionale Wesen auch in der Wissenschaft weitgehend anerkannt.
Emotionalität ist dabei ein bedeutendes Merkmal menschlicher Identität, denn die Mehrzahl unserer
Handlungen wird von Emotionen beeinflusst. Emotionen und Intuition sind ständige Begleiter der
Menschen. Sie haben eine überaus starke gemeinschaftsbildende und stärkende Kraft. Sprachliche
Ausdrücke wie „religiöse“, „nationale“ Zugehörigkeit oder „Heimatgefühle“ verweisen darauf, dass
Zugehörigkeit auch eine Frage emotionaler Identifikation ist.
Emotionen besitzen ein starkes kulturelles Moment. Auslöser, Ausdruck und Deutung von Emotionen
werden wesentlich von kulturellen und sozialen Kontexten bestimmt. In jeder Kultur existieren feste
Normen und Konventionen, die darüber entscheiden, wie Emotionen in bestimmten sozialen
Zusammenhängen artikuliert werden können und dürfen (zum Beispiel: „Starke Männer weinen
nicht!“). Von ihnen hängt maßgeblich ab, ob Emotionen Mitgefühl oder Unverständnis auslösen. Unter
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Watson, John B. (1939): Behaviorism. Chicago.
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Eibl-Eibesfeldt, Irenäus (2004): Die Biologie des menschlichen Verhaltens:
Grundriß der Humanethologie. Vierkirchen-Pasenbach.
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EINBÜRGERUNG
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verdienen durchschnittlich mehr als ihre Kolleg/innen ohne deutschen Pass. Ein Pass wird unter
Arbeitgebern/innen als Ausweis guter Kenntnisse in Sprache und Kultur gewertet.
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Bedeutung für den Fußball:
Im internationalen Fußball ist immer wieder von spektakulären Einbürgerungen zu hören. Manchmal
werden dabei mit Ausnahmegenehmigungen und im Eiltempo Staatsbürgerschaften vergeben, um die
Nationalteams zu verstärken oder bestehende Ausländerregeln zu umgehen. Die FIFA verlangt des-
halb, dass eingebürgerte Nationalspieler/innen mindestens zwei Jahre in seinem neuen Land wohn-
haft sind oder einen verwandtschaftlichen Bezug zum Land nachweisen können. Andererseits ist von
in Deutschland geborenen Spieler/innen zu hören, die sich gegen den deutschen Pass entscheiden, um
für das Heimatland ihrer Eltern oder eines Elternteils zu spielen. Die Staatsbürgerschaft hat sich im
Profifußball zu einem Kapital besonderer Art entwickelt.
Teilweise werden Nationalmannschaften als repräsentative Aushängeschilder der Gesellschaft
bezeichnet, die wie in einem Brennglas die gesellschaftliche Realität und Diversität widerspiegeln. Auf
Grundlage der gemeinsamen Staatsbürgerschaft führen die Spieler/innen vor, wie Chancengleichheit
und Leistungsprinzip zusammenwirken, aber auch, wie wertvoll Unterschiede sind. Die Nationalteams
und ihre Spieler/innen haben eine Vorbildfunktion für die Jugend, auch bei der Wahl des Passes.
Vereine, klein und groß, sind Orte der Identitätsfindung. Durch die Integrationsarbeit im Verein kann
Zusammenhalt und Identifikation gestärkt und Teilhabe geübt werden. Gerade angesichts des
Options-Modells stehen viele junge Spieler/innen mit Migrationshintergrund vor der Frage, sich zwi-
schen dem Land in dem sie aufgewachsen oder geboren sind und der Heimat ihrer Familie zu entschei-
den. Hier können Trainer/innen und Betreuer/innen wichtige Impulse geben und Überzeugungsarbeit
bei Spieler/innen und Eltern leisten. Ein deutscher Pass bedeutet nicht die Aufgabe kultureller
Identität, kann aber einiges erleichtern. Die Nationalteams zeigen, welche Chancen der Fußball in
Deutschland für junge Talente mit ausländischen Eltern bereithält.
Auch bei der Vorbereitung einer Einbürgerung können Deutsche ihren Mannschaftskolleg/innen mit
Rat und Tat beiseite stehen. Sprachkompetenz und Wissen sind gefragt. Vereinsaktive sollten sich vor
dem Einbürgerungstest nicht fürchten müssen. Der Test wurde bisher von 98% der Bewerber/innen
bestanden und kann beliebig oft wiederholt werden.
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Andererseits kann im Verein die Akzeptanz von
Einbürgerung gestärkt werden.
Für ältere ausländische Spieler/innen, Betreuer/innen oder Funktionär/innen macht sich die
Vereinsarbeit im Falle einer Einbürgerung bezahlt. Wer sich bereits länger in einem Verein oder bei
einer gemeinnützigen Organisation ehrenamtlich engagiert, kann eine Verkürzung der Wartezeit
beantragen. Die zuständigen Behörden informieren über die mögliche Anerkennung des Engagements
als außerordentliche Integrationsleistung.
Links:
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Hamburgisches Welt-Wirtschaftsinstitut (2008): Kulturelle Vielfalt trägt
positiv zur ökonomischen Entwicklung bei. Pressemitteilung vom 5.Juni
2008.
Studie unter:
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