INTEGRATION A–Z
EINBÜRGERUNG
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Aktuelle Fragen zur Einbürgerung und der Vorbereitung des Tests werden im Informationsportal des
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, beim Bundesministerium für Inneres und den
Integrationsbeauftragten der Bundesländer beantwortet.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Von großer Bedeutung für die Zukunft Deutschlands ist, angesichts der demographischen
Entwicklung, die Förderung von Integration und Einbürgerung. Während im Jahr 2000 noch 187.000
Menschen eingebürgert wurden, waren es nach der Einführung der Einbürgerungstests im Jahr 2008
weniger als 100.000. Bei Einwanderer/innen aus der Türkei zeigen sich dabei die niedrigsten
Einbürgerungsquoten. Die Ursachen für den rückläufigen Trend sind umstritten. Manche halten die
Barrieren für Einbürgerung zu hoch, andere sehen Anzeichen von Integrationsunwillen unter den
Migrant/innen. Die Furcht vor der Sprachprüfung scheint einen negativen Einfluss auf die
Bewerberzahlen zu haben. Auch kann angenommen werden, dass potenzielle Anwärter den
Mehraufwand der Einbürgerung nur in Kauf nehmen, wenn sich eine deutliche Besserstellung erwar-
ten lässt. Insbesondere türkische Einwander/innen und EU-Bürger/innen verfügen jedoch schon über
umfangreiche Rechte, zum Beispiel bezüglich der Freizügigkeit und Arbeitsplatzwahl.
Andererseits hat die Einbürgerung auch eine symbolische Dimension. Vielen Migrant/innen scheint
die Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft gleichbedeutend mit einem Verlust der heimatlichen
Bindungen. Eine Rückkehr ins Heimatland wird durch die Abgabe des alten Passes scheinbar endgültig
ausgeschlossen. Verschiedene Staatsbürgerschaften innerhalb einer Familie können unter Umständen
zu intergenerationalen Konflikten und Identitätskrisen führen. Zudem fehlt mitunter noch die
alltäglche Anerkennung der Einbürgerung durch die Aufnahmegesellschaft. Trotz rechtlicher
Gleichstellung gelten Eingebürgerte manchen als „Ausländer mit deutschem Pass“. Die
Wahrnehmung, nur auf dem Papier Staatsbürger zu sein, wirkt sich insbesondere unter jungen
Deutschen mit Migrationshintergrund negativ aus und kann Gefühle von Fremdheit fördern.
Für eine Einbürgerung gibt es sehr gute Gründe, denn die Staatsbürgerschaft legt die Grundlage für
gemeinsames Gestalten und Handeln. Eine neue Staatsbürgerschaft bedeutet dabei keineswegs seine
persönliche Herkunft oder kulturelle Identität zu verleugnen. Es signalisiert jedoch die Bereitschaft,
sich auf eine neue Umgebung einzulassen, teilhaben und mitbestimmen zu wollen. Nur
Staatsbürger/innen können auf Kommunal-, Länder- und Bundesebene wählen oder selbst kandidie-
ren und so über die Politik des Landes mitentscheiden und für die eigenen Interessen streiten.
Mitbestimmung fördert gegenseitige Akzeptanz. Spannungen und Interessenkonflikte zwischen
Aufnahmegesellschaft und Minderheiten können durch ihre strukturelle Integration in politische
Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse entschärft werden. Deutsche Staatsbürger/innen können
ihren Beruf und ihren Arbeitsplatz frei wählen und in die gesetzlichen Systeme der
Gesundheitsversorgung und sozialen Sicherung in Anspruch nehmen. Diese Freizügigkeit gilt auch
innerhalb der EU. Nicht zuletzt haben wissenschaftliche Studien ergeben, dass sich Einbürgerungen
auch finanziell bezahlt machen. So haben Eingebürgerte bessere Chancen einen Job zu finden und
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EINBÜRGERUNG
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Einbürgerung
Definition:
Einbürgerung wird die Ernennung einer Person zum/r Staatsbürger/in genannt. Die Staatsbürgerschaft
bedeutet die rechtliche Zugehörigkeit einer Person zu einem Staat und garantiert politische Teilhabe
und Gleichstellung gegenüber anderen Staatsbürger/innen. Mit der Staatsbürgerschaft sind Rechte und
Pflichten (u.a. die Wehrpflicht) verbunden. Als Nachweis der Staatsbürgerschaft dient der Ausweis oder
Pass. Anders als in Ländern wie Frankreich oder den USA, sind in Deutschland geborene Kinder nicht
automatisch deutsche Staatsangehörige. Stattdessen gilt das Abstammungsprinzip. Deutscher wird
ohne Einschränkung, wer mindestens ein Elternteil mit deutschem Pass hat.
Allerdings haben in Deutschland geborene Kinder von Ausländer/innen seit dem Jahr 2000 eine
„
Option“ auf die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn ihre Eltern mindestens acht Jahre legal in
Deutschland gelebt haben. Wer von Geburt aus die Staatsbürgerschaft eines anderen Staates besitzt,
muss sich spätestens im Alter von 23 Jahren für die deutsche oder die Staatsbürgerschaft der Eltern
entscheiden. Nur in Ausnahmefällen ist eine doppelte Staatsbürgerschaft möglich, hier spricht man
von Mehrstaatigkeit.
Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, zum Beispiel Migrant/innen, die bereits längere Zeit in
Deutschland leben, können bei der örtlichen Ausländerbehörde einen Antrag auf Einbürgerung – auch
Naturalisation genannt - stellen. Bei Kindern unter 16 Jahren muss der Antrag von den Eltern gestellt
werden. Die persönlichen Motive für einen Einbürgerungsantrag können vielfältig sein, sind aber bei
der Entscheidung über den Antrag nicht ausschlaggebend. Vielmehr müssen einige wichtige
Vorraussetzungen erfüllt werden.
Ausländer/innen, die einen Einbürgerungsantrag stellen, müssen mindestens acht Jahre gewöhnlich
und rechtmäßig in Deutschland gelebt haben, also über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügen.
Eine Duldung oder eine Anerkennung als Flüchtling reicht nicht aus. Gute Chancen für eine
Einbürgerung haben alle EU-Bürger, aber auch türkische Migrant/innen, die unter das
Assoziierungsabkommen mit der EU fallen. Zudem müssen Einbürgerungswillige nachweisen, dass sie
ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und nicht straffällig geworden sind. Durch den Besuch
von Integrationskursen oder durch besondere Integrationsleistungen - zum Beispiel bei besonderer
sprachlicher Qualifikation oder der ehrenamtlichen Mitarbeit in einem Verein - kann die Wartezeit auf
sechs Jahre verkürzt werden. In den freiwilligen Integrationskursen werden Kenntnisse der Deutschen
Sprache und der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung vermittelt, die in einem
Einbürgerungstest abgefragt werden. Die Kosten für die Kurse betragen derzeit ein Euro pro Stunde,
können aber im Einzelfall erstattet werden. Wer über einen deutschen Schulabschluss oder einen
Universitätsabschluss verfügt, muss seine Sprachkenntnisse nicht mehr nachweisen.
Der bestandene Einbürgerungstest und das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen
Grundordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland sind die finalen Vorraussetzungen
für die erfolgreiche Einbürgerung. Wer sich einbürgern möchte, sollte sich vorher bei der zuständigen
Behörde oder im Internet auf den neuesten Stand bringen. Aufgrund zahlreicher strittiger
Rechtsfragen ist in den nächsten Jahren noch mit gesetzlichen Änderungen zu rechnen.