INTEGRATION A–Z
DISKRIMINIERUNG
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In den letzten Jahren ist daher versucht worden, den rechtlichen Schutz vor sozialer Diskriminierung
auf alltäglichere Bereiche auszuweiten. So hat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - auch
Anti-Diskriminierungsgesetz genannt - den Schutz vor sozialer Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt
und am Arbeitsplatz verbessert. Arbeitgeber/innen dürfen bei Entscheidungen über Anstellung,
Bezahlung, Kündigung oder Aufstiegsmöglichkeiten von Beschäftigten, diese nicht wegen ihres
Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihres Alters oder ihrer ethnischen Herkunft diskriminieren.
Ähnliches gilt auch beim Einkauf im Supermarkt oder beim Abschluss einer Versicherung oder eines
Mietvertrages. Verstöße gegen das AGG können Betroffene der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
oder einer der vielen Antidiskriminierungsbüros in den Städten und Ländern melden und
Entschädigungen verlangen.
Trotz dieser Verbesserungen sind weiter Benachteiligungen zu beobachten. So verdienen Frauen in
Deutschland fast ein Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen bei gleicher Qualifikation. Menschen
mit Migrationshintergrund erreichen geringere Bildungsabschlüsse und sind stärker von
Arbeitslosigkeit betroffen. Jedes Jahr müssen erhebliche öffentliche Mittel aufgewendet werden, um
die Folgen solcher Ausgrenzungsphänomene durch Sozialleistungen auszugleichen.
Soziale Diskriminierungen verletzen die menschliche Würde und stellen einen Angriff auf persönliche
oder kulturelle Identität dar. Diskriminierungen, ob rechtlicher, sprachlicher oder ökonomischer Natur,
verhindern nachhaltig soziale Integration. Ein Mensch, der in einer Gesellschaft dauerhaft Ablehnung
und Diskriminierung erfährt, wird sich letztendlich von ihr abwenden. So wird Identifikation gestört
und Segregation gefördert. Soziale Diskriminierung verfestigt ungerechte Strukturen und verhindert
eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft. Wechselseite Gefühle von Fremdheit und
Benachteiligung begünstigen dann ein Klima des Misstrauens.
Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Respekt stellen Werte und Normen dar, die sich nicht vollständig
durch Gesetze beschließen lassen. Es ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, eine Kultur
der Anerkennung zu fördern, die Gerechtigkeit und Gleichheit in die Mitte des Zusammenlebens stellt.
Denn nur in einer Gesellschaft ohne Ausgrenzung sind kulturelle Vielfalt, soziale Integration und indi-
viduelle Teilhabe gleichermaßen zu verwirklichen.
Bedeutung für den Fußball:
Im Zusammenhang mit der allgemeinen Antidiskriminierungsdebatte auf EU-Ebene rückten auch Fälle
von Diskriminierung im Sport zunehmend in den Fokus. Im Mittelpunkt der Bemühungen der EU steht
die Entwicklung von Maßnahmen zur besseren Gewährleistung der sozialen Eingliederung diskriminie-
rungsgefährdeter Personengruppen. Konkret geht es dabei um den Zugang behinderter Menschen zu
Sportstätten, die Integration von Migrant/innen oder die Gleichstellung von Frauen und Männern in
den Entscheidungsstrukturen und Führungspositionen der Sportverbände.
Der DFB hat erkannt, dass auch im Fußball auf und außerhalb des Platzes Probleme mit
Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie oder Sexismus auf-
treten. Diese Probleme werden angegangen, sind jedoch noch nicht bewältigt. Diskriminierungen
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DISKRIMINIERUNG
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Diskriminierung
Definition:
Der lateinische Begriff discriminare bedeutete ursprünglich etwas zu „trennen“ oder zu „unterschei-
den“. Diskriminieren hieß, einen Unterschied zu machen, beispielsweise bei der Klassifizierung ver-
schiedener Tierarten. Im heutigen, rechtlichen und umgangssprachlichen Verständnis von
Diskriminierung, wird mit dieser Differenz jedoch eine Abwertung und soziale Ausgrenzung verbun-
den. Als soziale Diskriminierung gilt jede Form ungleicher Behandlung, Beurteilung, Benachteiligung
oder Herabsetzung einer Person bzw. einer Gruppe aufgrund unsachlicher, angedichteter oder unrele-
vanter Gründe oder aufgrund von Umständen, die die Betroffenen nicht selbst zu verschulden haben.
Das Gegenteil von Diskriminierung ist einerseits eine Privilegierung, also Bevorzugung einer Person
oder Gruppe, andererseits die Gleichbehandlung.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Was vor dem Gesetz als Diskriminierung gilt, ist in erster Linie eine rechtliche Entscheidung. Doch sie
wirft auch Fragen zum „gerechten“ Umgang mit sozialen, kulturellen oder religiösen Unterschieden in
der Gesellschaft auf.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es, dass alle Menschen „frei und gleich an
Würde und Rechten geboren“ sind. Im Deutschen Grundgesetz (GG) wurde darüber hinaus die
Gleichheit aller Menschen „vor dem Gesetz“ festgeschrieben. So darf vor Gericht niemand aufgrund
seines Glaubens oder seiner politischen Überzeugung anders behandelt werden. Zudem schreibt
Artikel 3 des GG vor: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung
benachteiligt werden.“ Der Staat und seine Institutionen sind zur Gleichbehandlung aller Bürger ver-
pflichtet und gesetzlich aufgefordert, Chancengleichheit zu verwirklichen. Von staatlicher Seite
besteht eine Diskriminierung, wenn mit diesen Grundsätzen gebrochen wird.
Dennoch bleibt die rechtliche Abwägung kompliziert, denn nicht jede Ungleichbehandlung gilt als
Diskriminierung. Im deutschen Rechtsystem gilt der Leitsatz „wesentlich Gleiches gleich und wesent-
lich Ungleiches ungleich zu behandeln“. So sind nur Staatsbürger/innen im Besitz von Bürgerrechten,
Ausländer/innen haben eingeschränkte Rechte. Minderjährige werden vor Gericht anders behandelt
als Erwachsene. Menschen mit Behinderung sind aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse mit
Sonderrechten ausgestattet. Auch die Behandlung von Frauen und Männern ist nicht immer gleich,
zum Beispiel beim Mutterschutz.
Der Gleichheitsgrundsatz gilt insbesondere für das Handeln des Staates. Diskriminierungen, zum
Beispiel aufgrund von Herkunft oder Hautfarbe, werden jedoch vorwiegend im alltäglichen Leben
erfahren. Laut Studien bestehen auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, im Bildungssystem,
Gesundheits- und Versicherungswesen, in Ämtern und Behörden, der Repräsentation in Politik und
Medien Potenziale zum weiteren Abbau von Diskriminierungen.
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Vgl.: Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2008): Diskriminierung im
Alltag. Wahrnehmung von Diskriminierung und Antidiskriminierungs-
politik in unserer Gesellschaft. Abschlussbericht. Heidelberg.