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KONTER –
UMGANG MIT KRITISCHEN FRAGEN
Frage: Sind die Homosexuellen nicht alle nur
hinter den Kindern im Sportverein her?
Leider steckt in dieser Frage eines der weit-
verbreitetsten Vorurteile über Homosexualität.
Diese wird hier gleichgesetzt mit Pädophilie, was
jedoch grundfalsch ist. Pädophilie bezeichnet das
auf Kinder gerichtete sexuelle Begehren Erwach-
sener. Sie ist im Unterschied zu Hetero- oder
Homosexualität keine sexuelle Orientierung,
sondern eine psychische Störung, eine Störung
der Sexualpräferenz. Pädophile Handlungen sind
strafbar.
Pädophilie steht nicht in Zusammenhang mit der
sexuellen Orientierung, der sich ein pädophiler
Erwachsener zugehörig fühlt. Bspw. können sich
heterosexuelle Pädophile sowohl für Kinder des
eigenen wie auch des anderen Geschlechts
interessieren. Zugleich können sie entsprechend
ihrer sexuellen Orientierung auch sexuelle
Beziehungen mit anderen Erwachsenen führen.
Frage: Muss nicht das Stadion als letzter Ort
erhalten bleiben, an dem „archaische Männlich-
keit“, Gefühlsausbrüche bis hin zu Beleidigun-
gen und Diskriminierungen ausgelebt werden
können? Als gesellschaftliches Ventil? Gehört
das nicht zur Fußballkultur?
Dieser (leider gar nicht so seltene) Ansatz ist
leicht mit dem Rassismus-Vergleich zu entkräften.
Man stelle sich nur vor, die Frage würde auf
ähnliche Weise die mittlerweile unstrittige
Toleranz gegenüber Menschen mit anderer
Hautfarbe in Zweifel ziehen.
Frage: Warum brauchen die Homosexuellen denn
ihre eigenen Fanclubs? Können die nicht bei den
anderen mitmachen?
Auch bei der Gründung der lesbisch-schwulen
oder queeren Fanclubs ging und geht es darum,
sich nicht mehr verstecken zu müssen, Sichtbar-
keit und Anerkennung zu schaffen. Seit 2001
wurden in Deutschland 19 Fanclubs dieser Art
gegründet, die sich unter dem Dach der Queer
Football Fanclubs (QFF) zusammengeschlossen
haben. Sie sind heute weitestgehend in den
Kurven akzeptiert und in der Fanbasis vielerorts
verankert und eingebunden. Eine positive Entwick-
lung der letzten fünf Jahre, die durch offensives
Auftreten und Einbringen Erfolg hat.
Frage: Müssen Homosexuelle jetzt auch noch
den Fußball für sich als Bühne nutzen? Geht
das nicht langsam zu weit?
Es geht nicht darum, wie oftmals nicht ohne
Polemik behauptet wird, dass sich Homosexuelle
nun auch noch im Fußball exponieren wollen. Aus
der Sicht Homo- oder Bisexueller soll ihre Sexuali-
tät ja eigentlich kein Thema sein. Nur muss dafür
zunächst eine Normalität geschaffen werden. Die
Möglichkeit, sich nicht verstecken zu müssen,
keine Diskriminierung befürchten zu müssen, ein
authentisches Leben leben zu können. Sobald es
ein erstes Coming-out eines Profis gegeben hat
und eine damit einhergehende Normalität Einzug
hält, werden die Diskussion und das öffentliche
Interesse schnell verebben.