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FUSSBALL UND HOMOSEXUALITÄT
Frage: Warum soll sich der Fußball nun auch
noch um dieses „Problem“ kümmern?
Wie jedem anderen Bereich der Gesellschaft
obliegt auch dem Fußball eine Verantwortung, für
alle seine Mitglieder Sorge zu tragen. Homosexu-
elle können im Fußball bislang noch nicht offen als
Lesbe oder Schwuler angstfrei ihrem Beruf oder
Hobby nachgehen. Das „Versteckspiel“ schränkt
ihre Lebensqualität erheblich ein. Es kann zu
schwerwiegenden psychischen Schädigungen
führen, das Verletzungsrisiko erhöhen, weil sie
sich nicht vollständig auf den Sport konzentrieren
können, oder sie veranlassen, aus dem Fußball
ganz auszusteigen. Das wiederum bedeutet
Verluste für den Fußball: Er verliert menschlich,
sportlich, letztlich auch ökonomisch.
Darüber hinaus hat der Sport auch eine gesamt-
gesellschaftliche Verantwortung. Durch seine
unvergleichliche emotionale Breitenwirkung hat
der Fußball die große Chance, Vorbild zu sein,
voranzugehen und gesellschaftlichen Wandel
aktiv voranzutreiben. Wie schon beim Kampf
gegen Rassismus kann hier viel bewegt werden.
Die viel zitierten Coming-outs von Prominenten
täuschen vor, dass unsere Gesellschaft in allen
Bereichen einen entspannten Umgang mit Homo-
sexualität pflegen würde. Diskriminierung ist
jedoch immer noch alltäglich, noch immer rümp-
fen rund ein Drittel aller Deutschen die Nase,
wenn sie zwei Männer auf der Straße Hand in
Hand sehen. Der Fußball kann also in jeder
Hinsicht nur gewinnen, wenn er sich aktiv für
Respekt und Anerkennung aller Menschen ein-
setzt, die an ihm teilhaben wollen – auf dem
Rasen, auf den Rängen, im Verein und im Verband.
Frage: Ist ein Coming-out im Fußball denn
überhaupt möglich? Wird es im Profibereich
nicht eine schreckliche mediale Hetzjagd und
einen Spießrutenlauf in den Stadien des Ama-
teurbereichs geben?
Bislang wird dort immer nur „schwarz-weiß“
gemalt. Die einen behaupten, es wird ganz
furchtbar, die anderen geben sich überzeugt, es
sei überhaupt kein Problem, da unsere Gesell-
schaft dafür längst bereit wäre. Vermutlich wird
ein Coming-out eines Profis längst nicht so
dramatisch verlaufen, wie es in endloser Spekula-
tion immer wieder vermutet wird. Aber es wird
auch nicht völlig harmlos. Es ist möglich, will aber
gut vorbereitet sein. Der walisische Rugby-
Rekord-Nationalspieler Gareth Thomas ist hier ein
besonders gutes Beispiel. Er hat es in einer
traditionellen, maximal medienwirksamen Sport-
art problemlos geschafft. Erst im privaten Umfeld,
dann im Kreise der Spieler, dann in den Medien.
Gareth Thomas hat fast ausschließlich positive
Erfahrungen gemacht. Ebenso erging es Robbie
Rogers bei seinem Comeback nach seinem
Coming-out bei LA Galaxy. Gleiches trifft auf den
Amateurbereich zu, hier gibt es bereits zahlreiche
erfolgreiche Coming-outs von Aktiven und
Schiedsrichtern.