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NACHWUCHSFÖRDERUNG
bietet es sich in soziologischer Perspektive an, in Zeit-,
Sozial- und Sachebene zu unterscheiden:
Zeitebene:
Die zeitliche Ebene ist aufgrund der Simul-
taneität der Inklusionsverhältnisse besonders bedeut-
sam. Es geht vor allem um die zeitliche Flexibilisierung
von Unterrichts- und Prüfungsverpflichtungen:
•
Freistellung für Wettkämpfe und Trainingslager
•
Verlegung von Klausuren
•
Schulzeitstreckung
•
Verschiebung von Unterrichtszeit in den Nachmittag,
um Vormittagstraining zu ermöglichen.
Dabei ist wichtig zu betonen, dass Unterrichtszeit nicht
etwa wegfällt oder Prüfungen gestrichen werden, son-
dern dass diese schulischen Verpflichtungen jeweils
zeitlich flexibel an Wettkampf- und Trainingsanforderun-
gen angepasst werden. Es geht also um nicht weniger,
als dass die Zeitstruktur der Schule an die Zeitstruktur
des Fußballs angepasst wird.
Sozialebene:
Auf der Ebene der Sozialstruktur geht es
vornehmlich um soziale Unterstützungsleistungen, und
das heißt: um Personal, das die Nachwuchsspieler im
Hinblick auf die Erfüllung schulischer Anforderungen un-
terstützt, also z. B. um Lehrkräfte, die Stütz- und För-
derunterricht erteilen, um verpassten Schulstoff nach-
zuholen oder auf Prüfungen vorzubereiten. Diese beiden
Ebenen sind es – die Zeit- und die Sozialebene –, die im
Rahmen sogenannter Verbundsysteme der Nachwuchs-
förderung wie den „Eliteschulen des Fußballs“ vorrangig
fokussiert werden. Und in dem Maße, in dem es den Ver-
einen und Verbänden gelingt, mit Schulen zu kooperie-
ren, die diese Unterstützungsleistungen sicherstellen,
ist die duale Karriere schulpflichtiger Nachwuchsspieler
möglich.
Dass die Unterstützung der Nachwuchsspieler in effekti-
ver Weise gelingt, ist jedoch nicht nur Sache der Schule,
sondern vor allem auch Sache des Sports. Wenn die
Schule beispielsweise Zeiten für Vormittagstraining
freiblockt, dann muss der Sport diese auch nutzen, in-
dem er hauptberufliche Trainer zur Verfügung stellt, die
das Training leiten. Und wenn der Sport möchte, dass
Spieler für Lehrgänge freigestellt und Klausuren verlegt
werden, dann muss er die Schule dementsprechend
rechtzeitig informieren.
Hier scheint mir der Fußball im Vergleich zu anderen
Sportarten relativ gut aufgestellt zu sein, weil er eben in
den Verbänden und in den Leistungszentren der Vereine
über professionelle Strukturen verfügt, um diesen Auf-
Teilhabe der Schüler sicher ist. Für den Fußball ist dies
jedoch ein existenzielles Problem. Ihm droht nämlich der
Verlust von Talenten, wenn sich diese aufgrund der Dop-
pelbelastung gegen die Fußballkarriere und für die Si-
cherung ihrer Schullaufbahn entscheiden.
Und mehr noch: Der Fußball kann dieses Problem auf sei-
ner Seite kaum lösen. Denn seine Konkurrenz- und Über-
bietungslogik verbietet eine grundlegende Reduzierung
sportlicher Anforderungen, sprich: ein Teilzeitengage-
ment macht im Bereich des Spitzensports keinen Sinn.
Die Lösung des Problems kann also nur darin bestehen,
die Inklusionsverhältnisse – also die Teilnahmebedingun-
gen – für die Nachwuchsspieler in der Schule zu verän-
dern.
Spitzensportgerechte Konzeption der
Schulkarriere
Genau darauf zielen sogenannte Verbundsysteme der
Nachwuchsförderung wie die „Eliteschulen des Fuß-
balls“ ab. Es handelt sich hierbei um Kooperationen zwi-
schen Vereinen mit ihren Leistungszentren und Sekun-
darschulen mit einem spitzensportlichen Profil, die von
den Nachwuchsspielern besucht werden. Ich möchte im
Folgenden auf diese kooperierenden Schulen blicken
und danach fragen, wie der Fußball, also die Vereine und
Verbände, diese Schulen für eine besondere Unterstüt-
zung der Nachwuchsspieler gewinnen können. Denn nur
wenn dies gelingt, sind duale Karrieren in Fußball und
Schule möglich.
Will man Möglichkeiten und Grenzen der schulischen Un-
terstützung von Nachwuchsspielern analysieren, dann
Eliteschulen des Fußballs bieten sehr gute Teilnahmebedingungen für
unsere Nachwuchsspieler.