Diese Frage soll im Folgenden nicht aus Sicht der Gen-
derforschung erörtert, sondern die Notwendigkeiten
herausgestrichen werden, die eine medizinische Pers-
pektive indiziert.
Blickt man auf die publizierte medizinische Auseinander-
setzung mit dem Fußballsport der Männer, der im Fokus
der meisten Untersuchungen steht, stößt man immer
wieder auf definierte und aussagekräftige Schemata,
was die Verletzungsprävention und die -inzidenz angeht.
Ferner wird immer wieder über intrinsische Faktoren,
Risikofaktoren, die Epidemiologie und Veränderungen
der Risikofaktoren für Verletzungen diskutiert. Daran
angelehnt müsste aus wissenschaftlicher Sicht
beleuchtet werden, ob es bezüglich dieser Punkte Unter-
schiede gibt zwischen männlichen und weiblichen Fuß-
ballern. Insofern müssen wir uns fragen, ob tatsächlich
ein Unterschied in der Datenlage zwischen Männern und
Frauen vorhanden ist, aber auch, ob es beispielsweise
eine Altersspezifität gibt, denn die Datenlage bezüglich
verschiedener Kohorten ist unklar.
Es gibt also gute Argumente, die Notwendigkeit einer
Forschung speziell im Frauenfußball zu unterstreichen
und mit folgenden Fragen zu verbinden:
Medizinische Forschung im Frauenfußball –
Argumente und Fragen
Die Idee einer speziellen Forschung im Frauensport ist
nicht neu und auf den Fußball beschränkt. Hintergrund
ist, dass in den 1970er Jahren zunächst eine Verviel-
fachung der Teilnahmezahlen von Frauen im ambitio-
nierten Sport und auch im Spitzensport zu verzeichnen
war und sich die Quote der Aktiven auch seither stetig
erhöht hat.
Im Zuge dieser Entwicklung haben verschiedene wissen-
schaftliche Publikationen Defizite der medizinischen
Forschung hinsichtlich einer spezifischen Perspektive
auf den Frauensport aufgezeigt. Das Gleiche gilt speziell
für den Frauenfußball, dessen Popularität in den letzten
Jahrzehnten ebenfalls stark zugenommen hat. In den
USA belegt Soccer beispielsweise unter den Sportarten
mit annähernd 350.000 Spielerinnen den fünften Rang
hinsichtlich der Aktivenzahlen im Frauensport. Dabei
sind pro 1.000 Stunden Spielzeit rund vier Verletzungen
zu verzeichnen, vor allem Knie, OSG, Oberschenkel und
Kopf betreffend. Damit lässt sich die Frage verknüpfen,
ob nicht auch in Deutschland eine entsprechende Daten-
bank mit Verletzungsstatistiken erstellt werden sollte.
Das ist an die übergeordnete Frage geknüpft, ob ein ge-
sonderter Forschungsansatz im Bereich des Frauenfuß-
balls sinnvoll, notwendig und überhaupt möglich ist.
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HAUPTVORTRAG IV
Forschungsdefizite im Frauenfußball
mögliche Forschungsthemen
Prof. Dr. med. Frank Mayer, Universität Potsdam
Derzeit bestehen noch Defizite der medizinischen Forschung hinsicht-
lich einer spezifischen Perspektive auf den Frauensport.
Die Analyse der Datenlage zu verletzungsbedingten Ausfällen speziell im Frauenfußball zeigt, dass sich
insbesondere jenseits des anglo-amerikanischen Raums die Notwendigkeit eines medizinischen Erkenntnis-
zuwachses aufdrängt. Dies betrifft zugrunde liegende Faktoren der Pathologien und einhergehend optimier-
te und gesicherte Methoden der Prävention und Therapie (Compliance) sowie Return-To-Play-Kriterien.
Grundlegend sind zu empfehlen: erstens eine bundesdeutsche Datenbank inklusive der Extraktion von
Risikofaktoren, zweitens die bessere Erfassung von Erstinzidenzen im Nachwuchsleistungssport und
drittens eine Methodik der Analyse, die sowohl Mittelwerte der Peer-Groups als auch individuelle Verlaufs-
werte und moderierende Einflussfaktoren in den Blick nimmt.