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DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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Fehlschuss zuletzt habe ich mich selber abgesetzt und
jemanden eingesetzt, der besser geeignet ist. Ich denke,
dass wir damit ganz gut fahren und ich damit ganz gut
leben kann.“
Die Dissertation – auch eine Art Selbstfindung!
Die Dankesrede: Elf Arten, einen Elfmeter
zu sehen
Sehr geehrte Damen und Herren,
genau wie ich, hat bestimmt jeder Fußballinteressierte
seine ganz persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen mit
dem Elfmeter. Als ich auf die Vorbereitung dieser Dan-
kesworte darüber nachgedacht habe, welche verschie-
denen Perspektiven man eigentlich einnehmen kann, ist
mir aufgefallen, dass es im Grunde elf Arten gibt, einen
einzigen Elfmeter zu sehen. Und deswegen trägt meine
Dankesrede auch den Titel „Elf Arten, einen Elfmeter zu
sehen“. Diese elf Arten, die verschiedenen Perspektiven
möchte ich im Folgenden vorstellen:
Beginnen möchte ich mit der Perspektive eines kleinen
Kindes. Es ist gewissermaßen der Ausgangspunkt für al-
le weiteren Perspektiven. Wie sieht ein Kind einen Elfme-
ter? Ein Kind sieht zwei Personen, die Ball spielen. Der
eine schießt, der andere hält den Ball oder nicht. Es ist
die naivste, aber auch objektivste, wertfreiste Form, ei-
nen Elfmeter zu sehen. Diese Sichtweise verlernt man
relativ schnell wieder und sie kommt auch nicht wieder.
Das Gegenstück dazu ist die Perspektive des Fans. Der
Fan hat immer eine Theorie, wie die Situation ausgeht.
Der Fan weiß, sein Bauchgefühl sagt ihm: „Der ver-
schießt!“ Oder: „Der schießt rechts!“ Und wenn es dann
eintrifft, dann freut er sich und lässt es seine Umgebung
auch gerne wissen: „Habe ich euch doch gesagt!“ Wenn
es aber nicht eintrifft, der Schütze doch nach links
schießt, dann ist der Fan auch Experte darin, seine Theo-
rie anzupassen: „Ich meinte, vom Torhüter aus betrach-
tet!“
Die dritte Perspektive ist die des Trainers. Für viele Trai-
ner ist der Elfmeter eine ungeliebte, eine etwas vernach-
lässigte Situation. Häufig passiert es, dass der Trainer
hofft und bangt, am Ende aber doch lieber nicht
torhüterabhängige Strategie. Hier reagiere ich darauf,
was der Torhüter macht – aus meiner Sicht eigentlich
der Königsweg. Hierfür sind Personen besonders gut ge-
eignet, die Fehler vermeiden können, die ihr Ziel errei-
chen, indem sie möglichst wenig Fehler machen.“
Neben der Theorie hat er in einem Feldversuch mit 40
Probanden psychologische Einflussfaktoren analysiert
und den Elfmeterkönig im KO-System im Rahmen von
Drucksituationen ermittelt.
Das Ergebnis: Elfmeterschießen ist in seinen vielen Fa-
cetten durchaus trainierbar.
Nicht nur trainierbar, sondern auch in bestimmten an-
deren Bereichen optimierbar: bei der Auswahl der Stra-
tegie, der Auswahl der Schützen. Und insofern besteht
aus meiner Sicht erhebliches Potenzial für Leistungsver-
besserungen, sowohl aus Schützensicht als auch aus
Torhütersicht.“
Seine Ergebnisse hat der Sportpsychologe bereits in der
Praxis angewendet. So lieferte er letzte Saison vor der
Partie gegen Bayern München den Dortmundern eine
detaillierte Analyse über Arjen Robbens Elfmeterverhal-
ten. Seine Prognose stimmte und war ein kleines Mosa-
iksteinchen hinsichtlich der erfolgreichen Titelverteidi-
gung der Dortmunder.
Jedenfalls lässt sich mit Hilfe einer solchen Analyse die
Wahrscheinlichkeit erhöhen, Elfmeter zu halten bzw.
auch, Elfmeter zu verwandeln. Und in dem Fall ist es
tatsächlich so eingetroffen, wie ich das prognostiziert
hatte. Und glücklicherweise hat der Tipp auch den Weg
zu Roman Weidenfeller gefunden.“
Bei Internationale Berlin hat ihm seine Doktorarbeit
auch weitergeholfen, Spielertrainer Froese ist der
Elfmeterschütze – gewesen!
Eine Erkenntnis meiner Arbeit war auch schmerzlich.
Ich habe herausgefunden, dass ich eigentlich nicht be-
sonders geeignet bin, Elfmeter zu schießen. Ich war der
Elfmeterschütze meiner Mannschaft und nach einem