2.
DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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Spezifische Angaben für Spielsportler liegen allerdings
nicht vor, eine Orientierung an den Werten für die Aus-
dauersportler ist jedoch hinsichtlich des metabolischen
Anforderungsprofils nicht sinnvoll. Ist also nicht die
absolut zugeführte Menge an Proteinen entscheidend,
so ist vielmehr der zeitliche Bezug der Zufuhr zum Trai-
ning von Bedeutung. Erste Arbeiten, die diesen Aspekt
untersucht haben, beobachteten den Effekt einer zum
Krafttraining zeitnahen Proteingabe auf die muskuläre
Proteinaufnahme.
In einer Studie wurden 60 Minuten nach Ende des Kraft-
trainings entweder ein Studiendrink (jeweils 20 g Ka-
sein-, Molkeeiweiß) oder ein Placebo-Präparat verab-
reicht. Vor dem Training und zu drei Zeitpunkten nach
dem Training (60 min, 120 min, 300 min) wurde eine
Muskelbiopsie durchgeführt, um die Netto-Aufnahme
von Leucin und Phenylalanin, beides essentielle Ami-
nosäuren, zu ermitteln. Die zusätzliche Proteingabe
führt zu einer gesteigerten Aufnahme der Aminosäuren
in den Muskel. Hinsichtlich der Netto-Leucinaufnahme
lagen die Werte für das Kaseineiweiß bei ca. 200 mg
leu/4h, für das Molkeeiweiß bei ca. 340 mg leu/4h. Be-
züglich der Netto-Phenylalaninaufnahme wurde durch
Kaseineiweiß ein höherer Effekt, ein Wert von etwa 90
mg phe/4h erzielt, während der durch Molkeeiweiß indu-
zierte Wert bei etwa 65 mg phe/4h lag.
Weitere Studien haben sich im Detail mit der Bilanz von
Proteinsynthese und -Breakdown befasst. Im Rahmen
jeder Muskelbelastung erfolgt ein Abbau von Proteinen
im Rahmen von Verbrennungsvorgängen zur Energie-
bereitstellung. Verglichen wurde zwischen einer reinen
Kohlenhydratzufuhr, der Zufuhr von Kohlenhydraten er-
gänzt durch Proteine und der Aufnahme von Kohlen-
hydraten, Proteinen und Leucin (Abb. 5).
ABB. 5
MILCHEIWEISS UND LEUCIN-EINFLUSS AUF
DIE PROTEINSYNTHESE NACH KRAFTTRAINING
Koopman et al. (2005) Am J Physiol Endocrinol Metab 288: E645
Breakdown
Synthese
Oxidation Nettobilanz
µ
mol phenylalanine/kg/min
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
-0.2
n = 8 Männer (Alter 22.3
±
0.9
J)
Krafttraining 45 min (Knieextensoren
80%
of individual 1-RM)
*
*
* *
*
*
Kohlenhydrate (KH)
KH + Protein
KH + Protein + Leucin
spricht zwei bis drei Snacks/Getränken und einer Haupt-
mahlzeit mit KH-Anteil.
Diskutiert wird darüber hinaus, inwieweit die zusätzliche
Gabe von Proteinen die Glykogenresynthese beeinflusst.
Der aktuelle Erkenntnisstand ist, dass es hier keinen zu-
sätzlichen Effekt gibt, wenn die Kohlenhydratzufuhr in
der empfohlenen Größenordnung realisiert wird. Bei
geringerer Zufuhr wird vermutet, dass Proteine mög-
licherweise über die Induktion eines stärkeren Insulin-
anstiegs die Anreicherung des Glykogens im Muskel je-
doch fördern können.
Mittlerweile gibt es auch ein besseres Verständnis darü-
ber, warum wir in der Nachbelastungsphase eine besse-
re Glykogenresynthese erwarten können (Abb. 4).
Unter Einfluss muskulärer Belastung kommt es zu einer
Translokation des in der Zelle lokalisierten Glukosetrans-
porters-4 (GLUT-4) zur Zellmembran, wodurch sich der
Glukosetransport in die Zelle verbessert. Wenn gleichzei-
tig Glukose oder komplexe Kohlenhydrate verabreicht
werden, führt das zu einer größeren Verfügbarkeit von
Glukose-6-Phosphat in der Zelle. Diese höheren Konzent-
rationen in der Muskelzelle sind ein starker Induktor der
Glykogenresynthase und es kommt letztendlich über die-
ses Enzym zu einem gesteigerten Glykogenaufbau. Wenn
dieser Aufbau vollendet ist, hat man im Sinne eines Feed-
Back-Mechanismus‘ eine bremsende Wirkung, d.h., diese
Translokation wird nicht weiter induziert und auch die
Glykogenresynthase verliert wieder an Aktivität. Das er-
klärt natürlich auch, dass die Glykogenspeicher in der
Muskulatur nicht unendlich gesteigert werden können.
Die Rolle der Proteine in der
Nachbelastungsphase
Damit komme ich zum zweiten wichtigen Substrat, den
Proteinen. Diese haben in den letzten zehn Jahren in
Bezug auf die Nachbelastungsphase eine starke Beach-
tung erfahren. Folgende gängigen Empfehlungen zur
täglichen Proteinzufuhr sind in der Literatur zu finden:
Personengruppe
Proteinzufuhr g/kg
KG/Tag
Nichtsportler
0,8 (
Frauen 0,6)
Freizeitsportler
0,8 (
Frauen 0,6)
Kraftsportler (Muskelerhalt)
1,0 – 1,2
Ausdauersportler
1,2 – 1,4
Kraftsportler (Muskelaufbau)
1,4 – 1,6
Es herrscht mehr oder weniger allgemeiner Konsens,
dass eine darüber hinausgehende Proteinzufuhr keinen
zusätzlichen leistungssteigernden Effekt oder einen
günstigen Effekt auf die Trainingsanpassung ausübt.