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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 3 / 2 0 1 4
Titelthema
Sachen Schiedsrichter sowohl
beim Deutschen Fußball-Bund als
auch beim Deutschen Fußball-Ver-
band der DDR erstklassige Arbeit
geleistet wurde.
Mit Beginn der 90er-Jahre wurde
verstärkt auf den Einsatz von Spe-
zialisten an den Linien gedrängt.
Der Hauptgrund: Durch die ständig
steigende Fernsehpräsenz bei den
Fußball-Großereignissen erkannte
man Schwächen bei den als Linien-
richter eingesetzten Schiedsrich-
tern. Ihnen fehlte die Praxis an den
Linien, denn sie wurden in ihren
Heimat-Ligen fast ausschließlich
als Schiedsrichter eingesetzt. Ein
System wie in der DDR, wo auch
die Top-Schiedsrichter regelmäßig
als Linienrichter in der höchsten
Spielklasse eingesetzt wurden, war
die Ausnahme.
1992
wurde die UEFA auch hier zur
Vorreiterin, als sie zur EM nach
Schweden feste nationale Teams
einlud, die aus einem Schiedsrich-
ter und zwei „reinen“ Linienrich-
tern bestanden. Uwe Ennuschat
(
Hamburg) und Joachim Ren (Salz-
gitter) hießen die beiden Spezialis-
ten, die Aron Schmidhuber unter-
stützten.
Ab 1994 zog dann die FIFA nach –
zumindest ein bisschen. In die USA
wurden auch reine „Linesmen“
eingeladen, wobei einige direkt
dem Schiedsrichter aus ihrem
Land zugeordnet waren. Hellmut
Krug, der die deutschen Farben in
Bei der Heim-WM 1974 wurden alle sieben FIFA-Schiedsrichter
des DFB eingesetzt. Ferdinand Biwersi, Heinz Aldinger, Walter
Eschweiler und Klaus Ohmsen als Linienrichter; Gerhard
Schulenburg, Hans-Joachim Weyland und Kurt Tschenscher
als Schiedsrichter (von links).
1934
in Italien
Alfred Birlem (Berlin)
Spanien – Brasilien (VR)
1938
in Frankreich
Alfred Birlem (Berlin)
Kuba-Rumänien (VR)
1954
in der Schweiz
Emil Schmetzer (Mannheim)
England – Belgien (VR)
1958
in Schweden
Albert Dusch (Kaiserslautern)
Brasilien – England (VR)
Sowjetunion – England (VR)
1962
in Chile
Albert Dusch (Kaiserslautern)
UdSSR – Jugoslawien (VR)
1966
in England
Rudolf Kreitlein (Stuttgart)
UdSSR – Italien (VR)
England – Argentinien (VF)
Kurt Tschenscher (Mannheim)
Brasilien – Bulgarien (VR)
1970
in Mexiko
Kurt Tschenscher (Mannheim)
Mexiko – UdSSR (Eröffnungsspiel)
Rudi Glöckner (Markranstädt)
Uruguay – Italien (VR)
Brasilien – Italien (F)
1974
in Deutschland
Gerhard Schulenburg (Hamburg)
Zaire – Schottland (VR)
Hans-Joachim Weyland
(
Oberhausen)
Polen – Italien (VR)
Kurt Tschenscher (Mannheim)
Niederlande – Brasilien (ZR)
Rudi Glöckner (Markranstädt)
Polen – Jugoslawien (VR)
1978
in Argentinien
Adolf Prokop (Erfurt)
Niederlande – Peru (VR)
Ferdinand Biwersi (Bliesransbach)
Spanien – Schweden (VR)
1982
in Spanien
Walter Eschweiler (Bonn)
Italien – Peru (VR)
Adolf Prokop (Erfurt)
Österreich – Nordirland (ZR)
1986
in Mexiko
Volker Roth (Salgitter)
Portugal – England (VR)
Brasilen – Polen (AF)
Siegfried Kirschen
(
Frankfurt/Oder)
Nordirland – Brasilien (VR)
Belgien – Spanien (VF)
1990
in Italien
Siegfried Kirschen
(
Frankfurt/Oder)
Belgien – Uruguay (VR)
Tschechoslowakei – Costa Rica (AF)
Aron Schmidhuber (Ottobrunn)
England – Irland (VR)
Spanien – Jugoslawien (AF)
1994
in den USA
Hellmut Krug (Gelsenkirchen)
Italien – Norwegen (VR)
Belgien – Saudi-Arabien (VR)
1998
in Frankreich
Bernd Heynemann (Magdeburg)
Kolumbien – Tunesien (VR)
Italien – Norwegen (AF)
2002
in Südkorea/Japan
Markus Merk (Kaiserslautern)
Japan – Russland (VR)
Dänemark – England (AF)
2006
in Deutschland
Markus Merk (Kaiserslautern)
Serbien-Montenegro – Niederlande (VR)
Brasilien - Australien (VR)
Ghana – USA (VR)
2010
in Südafrika
Wolfgang Stark (Ergolding)
Argentinien – Nigeria (VR)
Slowenien – England (VR)
Uruguay – Südkorea (AF)
*
VR = Vorrunde, ZR = Zwischenrunde,
AF = Achtelfinale, VF = Viertelfinale,
HF = Halbfinale, F = Finale
Als Linienrichter bzw. Assistenten
eingesetzt:
1974
Heinz Aldinger, Ferdinand
Biwersi, Walter Eschweiler,
Klaus Ohmsen
1998
Erich Schneider
2002
Heiner Müller
2006
Christian Schräer,
Jan-Hendrik Salver
2010
Jan-Hendrik Salver,
Mike Pickel
den USA vertrat, musste allerdings
ohne eine solche Unterstützung
auskommen, da kein deutscher
Linienrichter nominiert worden
war. Erweitert wurde das Team
erstmals durch den Vierten Offi-
ziellen, der aus dem Pool der
nominierten Schiedsrichter ange-
setzt wurde. Damit war ein adä-
quater Ersatz für den Fall gewähr-
leistet, dass der „Haupt-Schieds-
richter“ während des Spiels aus-
fiel.
1998
begleitete dann Erich Schnei-
der als Linienrichter Bernd Heyne-
mann zur WM in Frankreich, 2002
war Heiner Müller der Helfer von
Markus Merk. In Japan und Südko-
rea konnte man schon von „festen“
Teams sprechen, denn in beiden
WM-Spielen Merks war der Tsche-
che Evzen Amler neben Müller der
zweite Assistent. Seit 2006 gibt es
nun fast ausschließlich reine natio-
nale Teams mit einem Schiedsrich-
ter und zwei spezialisierten Assis-
tenten.
Darüber hätte sich Alfred Birlem
sicherlich auch gefreut, als er am
27.
Mai 1934 um 16.30 Uhr in Genua
als erster Deutscher ein WM-Spiel
anpfiff. Spanien schlug Brasilien
mit 3:1. Doch zur Ehrenrettung des
alten“ Ansetzungs-Systems lässt
sich mitteilen, dass von Missver-
ständnissen zwischen Birlem und
seinen Linienrichtern Ettore Carmi-
nati (Italien) und Mihaly Ivancsics
(
Ungarn) nichts berichtet wurde.