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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 2 / 2 0 1 4
genommen. Lehrwart Björn Maer-
tens hat seinen Vater, von Beruf
Metallbauer, mitgebracht, um die
Gegenstände sicher am Fahrzeug
zu verbauen.
Klaus-Peter Otto ruft allerdings erst
einmal zu einer Kaffeepause: „Die
Farbe muss ja auch trocken werden.“
Während der kurzen Verschnauf-
pause erzählt uns Stefan Voth,
dass die Idee, sich mit den Unpar-
teiischen beim Karneval einzubrin-
gen, schon 19 Jahre alt sei.
Voth ist Vorsitzender des Schieds-
richter-Ausschusses im Bezirk
Braunschweig. Er sponsert mit sei-
nem Unternehmen das „Projekt
Karneval“, stellt das Fahrzeug und
den Fahrer für den Umzug zur Ver-
fügung sowie die Halle, in der
gebaut wird.
Thomas Menzel, Kreis-Schiedsrich-
ter-Obmann in Braunschweig,
erklärt: „Wir möchten endlich zei-
gen, dass Schiedsrichter auch
Spaß verstehen und nicht nur bier-
ernst das Regelwerk umsetzen.“
Umso schöner, dass das Motto des
diesjährigen Zuges zum Fußball
passt: „Wir freuen uns in Gelb und
Blau und rufen laut: ‚Brunswiek-
Helau’.“ Die Bundesliga-Rückkehr
der Eintracht nach 28 Jahren ist in
der Stadt immer noch ein Grund
zum Feiern, auch wenn der Verein
die meiste Zeit der Saison als
Tabellenletzter verbrachte.
Die Farbwahl für den Wagen der
Braunschweiger Schiedsrichter ist
indes eine andere: Gelb und Rot
sind die tragenden Farben.
Angeblich hätten Schiedsrichter zu
Hause ja nichts zu melden und
müssten daher auf dem Spielfeld
ihre Macht demonstrieren, erklä-
ren die pfeifenden Narren. Der Zu-
satz „Schiedsrichter sind löwen-
stark“ nimmt das Wappentier der
Stadt auf.
Als Ziel des Projekts sieht Menzel
neben der Image- und Werbewir-
kung bei den Zuschauern vor allem
den Spaß, den die Schiedsrichter
bei Planung, Bau und am Tag des
Umzugs zusammen haben.
Menzel verfügt über etwas
Umzugserfahrung, er ist schon
zweimal auf einem Wagen des Ver-
eins für körperbehinderte Kinder
als Unterstützer mitgefahren. Dass
ihm das viel Freude bereitet hat,
ist seiner Stimme anzumerken,
wenn er davon berichtet.
So koordiniert der Obmann auch
die Planungen, beginnend mit der
Anmeldung des Motivwagens. Die
Braunschweiger Karneval-Gesell-
schaft sei begeistert gewesen von
der Idee und habe sofort ihre
Zustimmung erteilt, berichtet er.
Der Braunschweiger Karnevalsum-
zug ist mit 6,5 Kilometern Länge
und einer voraussichtlichen Dauer
von vier Stunden der längste Kar-
nevalsumzug in Norddeutschland.
Er lockt neben rund 250.000
Zuschauern auch das dritte Fern-
sehprogramm des NDR zu einer
Live-Übertragung an.
Wegen des Fernsehens darf am
Fahrzeug übrigens keine Werbung
zu sehen sein. Und damit der
Wagen sich nicht in den Oberlei-
tungen der Straßenbahn verfängt,
müssen alle Aufbauten unter vier
Metern Höhe bleiben.
Außerdem müssen vier „Radengel“
eingesetzt werden. Sie achten dar-
auf, dass keine Personen unter das
Fahrzeug geraten und räumen mit
einem Besen auch Bonbons zur
Seite, die nicht bei den Schaulusti-
gen angekommen sind.
Auf 1.000 Euro will Thomas Menzel
die nicht von Sponsoren abgedeck-
ten Kosten begrenzen. Aus diesem
Budget müssen die Spanplatten,
die Farbe und die weiteren Bauma-
terialien finanziert werden.
Schließlich sind auch noch logisti-
sche Überlegungen anzustellen:
Eine Toilette muss auf dem Wagen
gebaut werden, denn während der
vier Stunden Umzug kann man ja
nicht einfach irgendwo durch das
Publikum verschwinden. Auch ein
Stromgenerator für die Musik wird
auf dem Wagen installiert.
Neben den üblichen Süßigkeiten
werden die Schiedsrichter außer-
dem Trillerpfeifen vom Wagen wer-
fen, genauso wie Gelbe und Rote
Karten. Auf denen finden die Zu-
schauer den Termin für den nächs-
ten Schiedsrichter-Lehrgang. Die
Braunschweiger sind bereits
gespannt, ob die ungewöhnliche
Aktion Sportfreunde zum Lehrgang
lockt, die man sonst nicht erreicht
hätte.
Und das Motiv des Wagens? „Die
Zeichnung hatten meine Frau und
ich schon seit Jahren in der
Schublade liegen“, erzählt Thomas
Menzel. Die Realität setzt der Fan-
tasie aber oft Grenzen, und so
musste die künstlerische Gestal-
tung hier und da ein wenig an die
tatsächlich machbaren Lösungen
angepasst werden.
Frank Himberg (links) und Attila Kiss zeichnen die Vorlage für
die Gelbe Karte an.
Gerd Hopp beim Voranstrich
der Pfeife.
Bernhard Lengsfeld (links)
und Klaus-Peter Otto gönnen
sich eine Kaffeepause.
Wie der fertige Wagen am Ende
aussieht und ob sich mehr Teilneh-
mer als üblich zum kommenden
Anwärter-Lehrgang anmelden, dar-
über werden wir dann in der nächs-
ten Ausgabe der Schiedsrichter-
Zeitung berichten.
Wer schon heute neugierig ist,
wie der Wagen aussieht, kann den
Baufortschritt unter
-
schweig.de stets aktuell mitverfol-
gen.