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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 2 / 2 0 1 4
Report
Verantwortung übernehmen, Konflikte lösen, sich gegen Widerstände durchsetzen – Kompetenzen,
die Jugendliche in der Schule lernen, werden auch durch die Tätigkeit als Schiedsrichter gefördert.
Eine Kooperation zwischen beiden Bereichen liegt also auf der Hand. Wie diese aussehen kann, zeigt
SRZ-Mitarbeiterin Bianca Riedl an verschiedenen Beispielen.
Das kann Schule machen
W
enn Jugendliche die Schule
besuchen, wissen sie über die
wahre Arbeit eines Fußball-
Schiedsrichters kaum etwas.
Berührungspunkte mit den „Män-
nern in Schwarz“ haben sie mögli-
cherweise, falls sie selbst in
Junioren-Mannschaften spielen.
Und da ist natürlich noch die
Wahrnehmung der Spezies
Schiedsrichter in den Medien: In
endlosen Zeitlupen wird seine Ent-
scheidung analysiert. Spieler und
Trainer kritisieren den Unpartei-
ischen, Fans pfeifen ihn vielleicht
sogar aus.
Warum also um Himmels willen
selbst Schiedsrichter werden?
Warum sich freiwillig diesen
zusätzlichen Stress antun? Der
Schulalltag mit Ganztagsunter-
richt, Klassenarbeiten und sonsti-
gen Überprüfungen fordert doch
schon genug.
Will man heutzutage Jugendliche
von der Ausbildung zum Schieds-
richter begeistern, dann braucht
es also wirklich gute Argumente.
Positive Seiten
herausstellen
Stefan Rauschenberg ist Lehrer
am Georg-Büchner-Gymnasium in
Kaarst (Niederrhein) und hat die-
ses Experiment gewagt. Seit 17
Jahren ist er selbst als Schieds-
richter aktiv. Anfang vergangenen
Jahres kam er auf die Idee, an sei-
ner Schule eine Schiedsrichter-AG
ins Leben zu rufen.
Die Argumente, mit denen er die
Jugendlichen lockte: die Faszina-
tion des Sports, der freie Stadion-
Eintritt bei allen Spielen des DFB,
die Übernahme von Verantwor-
tung sowie die spielerische Ausbil-
dung von Charaktereigenschaften
und sozialen Kompetenzen.
16
Schüler trafen sich schließlich
im Rhythmus von zwei Wochen.
Stefan Rauschenberg brachte
ihnen die Fußball-Regeln bei und
erläuterte deren praktische
Umsetzung anhand von Videosze-
nen, Lehrbildern und kleinen Pra-
xis-Übungen.
Der Erfolg zeigte sich nach sechs
Monaten: Alle AG-Teilnehmer
bestanden die abschließende Prü-
fung und dürfen seitdem Fußball-
spiele in ihrem Kreis leiten. Darü-
ber hinaus kommen sie bei zahlrei-
chen Turnieren im Schulfußball
zum Einsatz.
Per Internet zum
Schiedsrichter-Talent
„
Dein Ticket zum Junior-Schiri“
heißt ein Projekt des Niedersächsi-
schen Fußballverbandes. Im Rah-
men eines Selbststudiums können
Schüler im Alter ab 14 Jahren die
Grundlagen der Schiedsrichter-Tätig-
keit erlernen. Das geht bequem von
zu Hause aus mit einem Online-Aus-
bildungs-Programm.
Der große Vorteil dieser Initiative:
Die Lehrgänge finden über das
Internet und unter Anleitung von
Lehrkräften statt – also ohne die
aktive Mitwirkung eines Schieds-
richter-Lehrwarts.
Stefan Rauschenberg hat 16 Schüler zu Schiedsrichtern ausgebildet.
Mit diesem Flyer bewirbt der
Niedersächsische Fußballver-
band seine Online-Lehrgänge.
Infostände wie auf der Ideen-Expo animieren Jugendliche dazu,
sich mit dem Thema Schiedsrichter zu beschäftigen.