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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 2 / 2 0 1 4
Porträt
Ein Kreis schließt sich
Mit Ende des Jahres 2013 hat FIFA-Futsal-Schiedsrichter Stephan Kamme-
rer seine internationale Karriere beendet. SRZ-Mitarbeiter Stefan Weber
blickt zurück.
A
m 13. Dezember 2013 vollendete
die Nummer eins der deut-
schen Futsal-Schiedsrichter, Ste-
phan Kammerer, sein 45. Lebens-
jahr. Kein runder Geburtstag, aber
für Stephan Kammerer doch ein
bedeutender. Denn die Regularien
der FIFA besagen im Futsal genau
wie im „normalen“ Fußball, dass
ein Schiedsrichter mit 45 Jahren
von der FIFA-Liste ausscheidet.
Das bedeutet folglich, dass Ste-
phan Kammerer am 31. Dezember
2013
seine Pfeife, zumindest für
den internationalen Bereich, an
den sprichwörtlichen Nagel
gehängt hat.
Begonnen hatte der gebürtige
Karlsruher seine Schiedsrichter-
Karriere im „normalen“ Fußball,
schaffte es dort bis in die 2. Bundes-
liga.
Im Jahr 2003 erhielt der DFB den
Auftrag, zwei Futsal-Schiedsrichter
für die FIFA-Liste zu nominieren.
Da es in Deutschland damals noch
keinen Futsal-Spielbetrieb gab,
kam der DFB-Schiedsrichter-Aus-
schuss auf die Idee, erfahrene
Zweitliga-Schiedsrichter hierfür zu
nominieren – solche, die altersbe-
dingt ohne Perspektive nach oben
waren.
Kammerer nahm damals die neue
Herausforderung an. Ohne jemals
ein Futsal-Spiel gepfiffen zu haben,
wurde er 2004 von einem auf den
anderen Tag FIFA-Schiedsrichter.
Das war eine tolle Chance“, sagt
Stephan Kammerer heute. Doch
seien die Anfänge nicht so leicht
gewesen: „Wir mussten uns
schließlich auf die ersten Einsätze
vorbereiten – und das Selbststu-
dium der Regeln konnte da nicht
ausreichen.“
Ein Zufall kam zu Hilfe: Als Stephan
Kammerer gemeinsam mit Helmut
Fleischer in Katar im Einsatz war,
lernte er Evzen Amler kennen. Der
Futsal-Schiedsrichter aus Tsche-
chien war damals schon bei Welt-
und Europameisterschaften im Ein-
satz gewesen.
In kürzester Zeit schloss der DFB
einen Kooperationsvertrag mit dem
tschechischen Verband. Dieser
ermöglichte es den deutschen FIFA-
Schiedsrichtern, in der tschechi-
schen Futsal-Liga Spiele zu leiten
und dort an Lehrgängen teilzuneh-
men. Da Kammerer als Neuling auf
der FIFA-Liste im ersten Jahr ohne-
hin noch keine internationalen
Pflichtspiele erhielt, blieb genügend
Zeit, Erfahrungen zu sammeln.
2005
war es dann soweit: Beim
ersten Auftritt auf der internationa-
len Bühne musste Stephan Kamme-
rer nicht einmal Neuland betreten.
Die UEFA schickte ihn zu einem Tur-
nier im UEFA- Futsal-Cup nach
Tschechien.
Als Deutscher war ich in der Futsal-
Szene ein absoluter Exot“, erinnert
sich Kammerer. Doch die Beobach-
tungsnoten stimmten, und so stand
weiteren Einsätzen nichts im Wege.
Im Februar 2007 folgte dann ein
erster internationaler Höhepunkt:
ein EM-Qualifikations-Turnier im
Land des Europameisters Spanien.
Nachdem Kammerer auch diese
Herausforderung meisterte, klet-
terte er im Ranking der UEFA nach
oben und wurde 2008 für die U 21-
EM in St. Petersburg nominiert.
Neben den beiden Spielen, die er
dort als Schiedsrichter leitete,
wurde er im Finale als Dritter Offi-
zieller – ähnlich dem Vierten Offi-
ziellen beim Fußball – angesetzt.
Zwei Jahre später hatte er es dann
endgültig geschafft: Er war in der
Elitegruppe der UEFA-Futsal-
Schiedsrichter angekommen,
wurde für die EM-Endrunden in
Ungarn (2010) und Kroatien (2012)
nominiert.
Bis heute in Erinnerung geblieben
ist vor allem ein entscheidendes
Vorrunden-Spiel zwischen Ungarn
und Tschechien im Jahr 2010, als
die Gastgeber eine 4:0-Führung
verspielten und mit einer 5:6-
Niederlage aus dem Turnier aus-
schieden. 7.000 Zuschauer waren
in der Halle dabei – eine Kulisse,
nach der man bei Futsal-Spielen in
Deutschland vergeblich sucht.
Das vergangene Jahr stand dann
im Zeichen des Abschiednehmens:
Nachdem Stephan Kammerer im
Januar zunächst bei einem EM-
Qualifikations-Turnier in Bulgarien
eingesetzt wurde, schloss sich für
den Futsal-Schiedsrichter wenig
später ein Kreis.
Denn er beendete seine internatio-
nale Karriere dort, wo er sie
begonnen hatte – in Tschechien.
Bei einem Turnier der Elite Round –
der Champions League des Futsals –
leitete er am letzten Spieltag das
Spiel des Gastgebers FK EP Chru-
dim gegen den FC Barcelona.
Eine mit 6.000 Zuschauern aus-
verkaufte Halle, ein Spiel, in dem
es um die Qualifikation zum Final
Four ging und in dem sieben Spie-
ler aus dem letztjährigen WM-Finale
auf dem Feld standen – mehr geht
zum Abschluss nicht“, ist Stephan
Kammerer der UEFA dankbar, dass
sie ihm diesen tollen Abschied
ermöglicht hat.
Doch auch nach seiner aktiven
Laufbahn bleibt Kammerer dem
Futsal treu. Schon in den vergan-
genen Jahren hat er als Mitglied
des Kompetenz-Teams der DFB-
Schiedsrichter-Kommission viel
Herzblut in die Weiterentwicklung
des Schiedsrichter- und Beobach-
terwesens im Futsal investiert.
Dort will er sich nun noch intensi-
ver einbringen.
Und auch die internationalen Fut-
sal-Schauplätze hat Stephan Kam-
merer weiter im Blick. Er strebt
eine internationale Beobachter-
Tätigkeit an, sodass er seine reich-
haltigen Erfahrungen im Futsal an
jüngere Schiedsrichter weiterge-
ben kann.
Neben den internationalen Höhepunkten kam Stephan Kam-
merer (auf der linken Seite des Schiedsrichter-Teams) auch
regelmäßig beim Futsal-Cup des DFB zum Einsatz.