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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 2 / 2 0 1 4
Analyse – Der besondere Fall
Lehrw sen
„
Kontrolle vor jedem Anstoß“
Die praktischen Fragen zum
aktuellen Lehrbrief-Thema
beantwortet dieses Mal Bundes-
liga-Schiedsrichter Bastian Dan-
kert (Rostock), der seit diesem
Jahr auf der FIFA-Liste steht.
Herr Dankert, haben Sie jemals
in Ihrer Karriere irgendwelche
Schwierigkeiten bei der Umset-
zung der Regel 3 – die Zahl der
Spieler – gehabt?
Bastian Dankert:
Nein, persön-
lich noch nicht. Aber die Regel 3
zählt zu den wichtigsten Fußball-
regeln. Sie regelt, dass die Min-
destanzahl von sieben Spielern
gegeben sein muss, um eine
Begegnung überhaupt beginnen
zu können. Gerade bei Spielen an
der Basis ist es schon häufiger
vorgekommen, dass Mannschaf-
ten mit weniger als elf Spielern
zu einer Begegnung anreisten
und aufgrund von Verletzungen
oder Feldverweisen weiter redu-
ziert worden sind. In solchen
Situationen ist Regelkenntnis
beim Schiedsrichter unabdingbar.
Welche Informationen über Spie-
ler beziehungsweise Auswech-
selspieler schreiben Sie sich vor
Spielbeginn auf Ihre Notizkarte?
Dankert:
Ich notiere mir die Num-
mern aller Akteure, die in der
Begegnung zum Einsatz kommen
könnten. Zudem kennzeichne ich
die Kapitäne beider Teams sowie
die Namen der Auswechselspieler.
Dies ist aber kein Königsweg. Jeder
Unparteiische muss seinen eigenen
Weg finden, um perfekt auf die
Spielleitung vorbereitet zu sein.
Wann und wie oft im Spiel zählen
Sie die Akteure beider Teams
durch, um sicherzustellen, dass
tatsächlich die korrekte Anzahl von
Spielern auf dem Feld steht?
Dankert:
Ich zähle grundsätzlich
vor jedem Anstoß die Anzahl der
Spieler – also nicht nur vor Spielbe-
ginn und vor der zweiten Halbzeit,
sondern auch nach erzielten Toren.
Es ist ja wichtig, dass die Mann-
schaft, die ein Tor schießt, keine
zusätzlichen Spieler aufweist. Wäre
dies der Fall, dürfte der Treffer kei-
nesfalls zählen. Zeitweise spielen
Mannschaften wegen der Behand-
lung eines verletzten Spielers auch
in Unterzahl. Dann muss der
Schiedsrichter stets im Auge
haben, welcher Spieler das Feld
verlassen hat und wann er, nach
der Zustimmung des Schiedsrich-
ters, wieder auf das Spielfeld
zurückkehrt.
Gibt es (Spiel-) Situationen, in
denen Sie eine Auswechslung nicht
zulassen würden, obwohl der Ein-
FIFA-Schiedsrichter
Bastian Dankert.
Fünf Fragen an Bastian Dankert
wechselspieler bereits einsatz-
bereit an der Mittellinie wartet?
Dankert:
Grundsätzlich ist dies
nicht möglich. Wenn ein Trainer
eine Auswechslung vornehmen
möchte, so ist dem auch in der
nächsten Spielunterbrechung
stattzugeben, auf Zeichen des
Schiedsrichters. Falls es dadurch
zu einer Zeitverzögerung kommt,
wird diese nachgespielt.
Wie viel Aufmerksamkeit widmen
Sie während der 90 Minuten den
Spielern auf der Ersatzbank?
Dankert:
Bei Bundesliga-Spielen
schenke ich den Akteuren auf
der Ersatzbank wenig Aufmerk-
samkeit. Dieser Bereich ist dann
komplett durch den Vierten Offi-
ziellen abgedeckt. Das hat für
mich den Vorteil, noch konzen-
trierter meiner Spielleitung
nachgehen zu können. In Spielen
ohne neutrale Assistenten oder
Offizielle sollte man die Reaktio-
nen auf den Ersatzbänken aus
dem Augenwinkel betrachten.
Falls aus Sicht des Schiedsrich-
ters das Verhalten der Akteure
auf der Bank nicht ordnungsge-
mäß ist, sollte er eine Spielruhe
nutzen, freundlich aber bestimmt
das respektvolle Miteinander
einzufordern.
Stelle stellt das amtliche Regel-
werk klar, dass der ausgewechselte
Spieler nun nicht mehr am Spiel
teilnehmen darf.
Wichtig bei Spielen der „Alten Her-
ren“, Frauen und Junioren ist, dass
die Zahl der erlaubten Auswechs-
lungen variieren kann. Die formale
Grundlage hierzu findet sich in den
Anmerkungen zu den Spielregeln
am Anfang des Regelhefts.
Bedingt durch die Autonomie der
einzelnen Gremien an der Fußball-
basis gibt es hier jedoch eine gera-
dezu babylonische Vielfalt von
Bestimmungen, die den Schieds-
richtern an den jeweiligen Lehr-
abenden vom Lehrwart mitgeteilt
werden müssen.
Weltweit gleich geregelt ist wiede-
rum, dass Auswechselspieler – wie
alle anderen Spieler auch – der
Strafgewalt des Schiedsrichters
unterliegen. Kritisiert ein Aus-
wechselspieler zum Beispiel laut-
stark von der Ersatzbank aus den
Schiedsrichter, dann gibt es für
ihn die Gelbe Karte.
Wichtig für die Unparteiischen
bleibt letztlich noch die Regelvor-
gabe, dass Regelübertretungen
der Auswechselspieler, gleich
welcher Art, immer nur einen
indirekten Freistoß nach sich
ziehen können. Beispielhafte
Situationen sind in Form eines
Regeltests in den Lehrbrief einge-
bunden.
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Auch die Auswechselspieler unterliegen der Strafgewalt des
Schiedsrichters.