Gerhard Schulenburg 2011 mit dem berühmten Netzer/Overath-
Foto.
Gerhard Schulenburg (1926 bis 2013).
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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 3 / 2 0 1 3
Nachruf
Z
u seinem 85. Geburtstag hatte
ihn die DFB-Schiedsrichter-Zei-
tung besucht und erlebte einen
heiteren, fröhlichen Mann, der so
herzlich lachen konnte, der von so
vielen Begebenheiten aus einem
Fußballer-Leben berichtete: Man
hätte Gerhard Schulenburg tage-
lang zuhören können. Nun ist einer
der besten Unparteiischen, die
Deutschland je hatte, tot. Schulen-
burg, 14 Jahre lang FIFA-Schieds-
richter und am allerersten Bundes-
liga-Spieltag 1963 im Einsatz, ver-
starb in der Nacht zum 26. März
2013
in seiner Wohnung in Laatzen
bei Hannover. Er wurde 86 Jahre
alt.
Seine Schiedsrichter-Karriere
begann 1949 im Nachkriegs-Ham-
burg. Damals wollte „Schule“
eigentlich weiter Fußball spielen.
23
Jahre alt war er, als er aufgrund
der schlechten Ernährungslage an
Gelbsucht erkrankte und ihm die
Ärzte das Kicken verboten.
Damals herrschte Mangel an allem,
auch an Unparteiischen, und so
verlegte sich der junge Mann, um
beim Fußball zu bleiben, aufs Pfei-
fen. Schnell wurden die Fußball-
Oberen auf Gerhard Schulenburg
aufmerksam. Schon 1953 pfiff er in
der Oberliga, der damals höchsten
Spielklasse. Und als die Bundesliga
1963
gegründet wurde, stand er
bereits seit drei Jahren auf der
FIFA-Liste. Bis 1974 blieb er interna-
tionaler Referee, bevor er mit 47
Jahren die Altersgrenze erreichte.
Die WM im eigenen Land wurde ein
letzter großer Höhepunkt seiner
Karriere.
Die Liste der hochkarätigen Fuß-
ballspiele, die „Schule“ geleitet
hat, ist lang. Zum Beispiel pfiff er
am 15. April 1967 den legendären
3:2-
Auswärts-Sieg der Schotten im
Wembley-Stadion gegen den dama-
ligen Weltmeister vor 100.000
Trauer um Gerhard Schulenburg
Am 26. März 2013 starb der WM-Schiedsrichter von 1974. Ein Nachruf von Marco Haase auf den
Mann, der so gern lachte.
Zuschauern – England verlor in der
EM-Qualifikation mit Stars wie Gor-
don Banks, Bobby Moore und Geoff
Hurst. Schulenburg war der erste
kontinental-europäische Referee
überhaupt, der in Wembley dieses
Spiel der beiden britischen Mann-
schaften leiten durfte.
Oder das von 134.000 Zuschauern
besuchte Europapokal-Halbfinale
im Hampden Park von Glasgow
zwischen Celtic und Leeds United
am 15. April 1970. Diese Zuschauer-
zahl in einem europäischen Pokal-
Wettbewerb ist bis heute uner-
reicht.
Nur zehn Tage später: „British
Championship“, wieder Schottland –
England, wieder im Glasgower
Hampden Park, vor der Rekordkulisse
von 137.438 zahlenden Zuschauern.
Gerd Schulenburg war ein gern
gesehener Referee auf der Insel.
Und auch sonst in Europa und der
Welt: Ob Pelé oder Puskas, Hurst
oder Heynckes, Beckenbauer,
Netzer, Seeler – sie alle haben
Schulenburg als gradlinigen, bere-
chenbaren Schiedsrichter kennen-
und schätzen gelernt.
Auch nach seinem Abschied aus FIFA
(98
internationale Einsätze, darunter
26
A-Länderspiele) und Bundesliga
(106
Spiele) blieb Gerd Schulenburg
aktiv – als Schiedsrichter, als Altliga-
Spieler, als Leiter des Trainings der
Schiedsrichter-Gruppe Hannover, als
Vorstandsmitglied. Erst 1988 zog sich
Schulenburg, der 61 Jahre lang mit
seiner im Jahr 2010 verstorbenen
Frau Irmgard verheiratet war, lang-
sam zurück – ganz langsam. Auch
beruflich: Der langjährige Geschäfts-
führer einer Krankenkasse ging
damals in den wohlverdienten Ruhe-
stand.
Unvergesslich bleibt seine humor-
volle Art: Am 27. März 1971 wurde
seine Frohnatur unmittelbar vor dem
Anpfiff der Partie 1. FC Köln – Borus-
sia Mönchengladbach eindrucksvoll
dokumentiert: Wolfgang Overath und
Günter Netzer standen sich bei der
Platzwahl gegenüber, es wurde
gescherzt – und Schulenburg musste
herzhaft lachen. Genau in diesem
Moment drückte der Fotograf auf
den Auslöser – und es entstand
eines der bekanntesten Sportfotos,
das bis heute gute Laune macht,
wenn man es anschaut.
Schauen wir es uns in Gedenken an
Gerd Schulenburg in Ruhe an, lassen
uns von der Heiterkeit anstecken
und lächeln dann mit – „Schule“
würde es sicherlich gefallen.