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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 5 / 2 0 1 2
Nur eine Zehntelsekunde später ist der Ball schon nicht mehr
„
ganz“ im Tor.
Der Treffer im Standbild. Unten am Bildrand Torrichter Vad.
…
und dessen Querpass zum Torschützen Navas.
Foto 2b
Foto 3a
Foto 3b
EM-Analyse
Das könnte den Schiedsrichter
einen Moment lang an der glaskla-
ren Torchance zweifeln lassen.
Aber er muss ja in Sekunden-
schnelle simulieren, wie sich die
Situation ohne das Foul darge-
stellt hätte. Dann wäre Salpingidis
zweifellos in einer immer noch
sehr guten Position zum Tor an
den Ball gekommen. Die Abwehr-
spieler hätten auf keinen Fall
mehr eingreifen können, wie
Foto 1b
gut erkennen lässt. Also
ist auch die Rote Karte berechtigt,
die der spanische Schiedsrichter
Carballo ohne zu zögern zückt.
Szene 2: Teamarbeit
„
Abseits“ aus
Kroatien – Spanien
Es war wirklich erfreulich, den
Assistenten bei ihrer Arbeit zuzu-
schauen – vor allem bei der
Abseits-Bewertung. Beispielhaft
ist folgende Szene, die Jan-
Hendrik Salver mit der ihm
eigenen Ruhe und Gelassenheit
löste.
Als der Ball nach halblinks zu
Iniesta gespielt wird
(
Foto 2a)
,
befindet sich Navas im Abseits. Da
er keinen Abwehrspieler bindet,
geschweige denn jemanden stört,
lässt der Assistent von Wolfgang
Stark zu Recht die Fahne unten.
Beispielhaft bleibt Jan-Hendrik
Salver dann auf dem höchsten
Konzentrations-Niveau, denn er
ahnt voraus, dass Iniesta nicht
selbst schießen, sondern den
Ball querspielen wird. So kommt
es. Navas befindet sich in diesem
Moment knapp hinter dem Ball
(
Foto 2b)
und deshalb nicht im
Abseits.
Seine Abseitsstellung kurz zuvor
ist nicht mehr relevant, da im
Moment des Abspiels von Iniesta
neu beurteilt wird, ob sich jemand
im Abseits befindet. Da das zu die-
sem Zeitpunkt nicht der Fall war,
wurde das Tor korrekt erzielt,
auch dank der sehr guten Ein-
schätzung durch Jan-Hendrik Salver.
Szene 3: „Torrichter“ aus
England – Ukraine
Diese Situation ist ja hinreichend
bekannt, und auch, dass es kurz
●
Auch übermotiviertes Einstei-
gen nicht, da sich die Mannschaf-
ten – anders als bei einer WM – auf
einem relativ einheitlichen kör-
perlichen und technischen Level
befanden.
●
Im Übrigen verhinderte auch
das verbesserte Zweikampfverhal-
ten vieler Defensivspieler am und
im Strafraum Fouls und schlimmere
Verletzungen. Es gab nur drei
Strafstöße während des Turniers,
bei der EM im Jahr 2000 waren es
noch 13.
●
Die Zahl der Zweikämpfe in den
31
Spielen verringerte sich von
13.520 (2008)
auf 10.812. Und damit
sank auch die Anzahl der Fouls
von 1.066 auf 840.
●
Die Summe der Gelben Karten
(123)
blieb dennoch gleich. Ein Hin-
weis darauf, dass bei Persönlichen
Strafen „enger“ agiert wurde –
auch im Bereich Unsportlichkei-
ten. Meckern und Abwinken nah-
men schnell ab, „Rudel“ wurden
praktisch nicht gesichtet. Kein
Wunder, wenn man nach zwei Gel-
ben Karten gesperrt wird und des-
halb schnell seinen Stammplatz
los sein kann.
All’ das hat den Schiedsrichter-
Teams die Arbeit ein wenig
erleichtert, die durch den Druck
des millionenfachen weltweiten
Interesses an einer EM ja grund-
sätzlich sehr schwierig ist.
Betrachten wir nun einige Szenen
aus den Spielen in Polen und der
Ukraine intensiver, weil sie viel-
leicht auch für unseren Schieds-
richter-Alltag hilfreich sein kön-
nen.
Szene 1: „Notbremse“ aus
Polen – Griechenland
Als Salpingidis in den polnischen
Strafraum läuft, hat er nur noch
Torwart Szczesny vor sich. Er legt
den Ball links vorbei. Die Aktion
des Torwarts richtet sich klar
gegen den Gegner, er bringt ihn
eindeutig durch einen Kontakt im
Fußbereich zu Fall
(
Foto 1a, vorige
Seite)
.
Der Strafstoß ist unstrittig.
Aber hat sich der Grieche den Ball
nicht zu weit nach links – und
damit vom Tor weg – vorgelegt?
Foto 2a
Der Moment des Abspiels nach links zu Iniesta …