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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 2
Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen.
Editorial
Inhalt
Liebe Leserinnen und Leser!
Nicht alle, aber viele Fußballspiele werden erst
in der Schlussphase richtig spannend. Die Zeit
läuft (weg), und die Möglichkeiten, noch den
Ausgleich oder den Siegtreffer zu erzielen,
schwinden. Diese Erkenntnis kann man auch
auf ein ganzes Spieljahr übertragen: Je näher
das Ende der Meisterschaft rückt und je enger
es an der Tabellenspitze zugeht, desto nervö-
ser werden in den Klubs alle Beteiligten.
Jetzt zählt jeder Punkt, jedes Tor doppelt. Was
natürlich nicht stimmt, aber es fühlt sich so
an. Und natürlich werden in dieser Phase auch
die Entscheidungen der Schiedsrichter doppelt
kritisch gesehen. Die Überschrift: „Dieser fal-
sche Elfmeter entschied die Meisterschaft“
bringt es dann vermeintlich auf den Punkt.
Wie viele vergebene Chancen der Stürmer und
schlimme Patzer der Torhüter im Laufe der
Saison ebenfalls dazu beigetragen haben,
nicht genügend Punkte für den Titel geholt zu
haben, ist dann erstmal egal. Der Schiedsrich-
ter hat Schuld – und fertig!
Natürlich freut sich der Fußball-Fan, wenn eine
Meisterschaft erst am letzten Spieltag ent-
schieden wird. Schön spannend soll es sein,
Gänsehaut inbegriffen. Steht man allerdings in
der Verantwortung – ob als Unparteiischer auf
dem Platz oder als Funktionär – ist man gar
nicht böse, wenn der Titel schon relativ früh-
zeitig vergeben ist, wie es in der abgelaufenen
Bundesliga-Saison der Fall war. Der Druck ist
dann nicht mehr ganz so groß, und die Wahr-
scheinlichkeit, dass das Wohl oder Wehe einer
Mannschaft von einer einzigen vermeintlichen
Fehlentscheidung abhängt, sehr viel geringer.
Das gilt selbstverständlich nicht nur für die
Bundesliga, sondern für jede Spielklasse. Dass
es nur „ganz oben“ auch richtig öffentlich-
keitswirksam ist, wissen wir alle. Aber den
Druck eines wichtigen Spiels am letzten Spiel-
tag einer Saison kennen nicht nur die Unpar-
teiischen der Lizenzligen. Deshalb sei an die-
ser Stelle auch einmal denjenigen gedankt, die
solche „Endspiele“ – egal in welcher Liga – in
dieser Spielzeit geleitet haben. Sie fühlten sich
sicherlich besonders geehrt durch die Anset-
zung zu solchen Begegnungen, aber sie muss-
ten auch besonders viel aushalten.
***
Apropos „Endspiel“: Der Auftritt von Wolfgang
Stark und seinem Team bei der Leitung des
Europa-League-Finales zwischen Athletic Bilbao
Die Zeit der
Endspiele
Herbert Fandel,
Vorsitzender
der DFB-
Schiedsrichter-
Kommission.
und Atlètico Madrid war erstklassig. Es war
eine Top-Leistung, die er mit Jan-Hendrik
Salver und Mike Pickel an den Linien sowie Flo-
rian Meyer und Deniz Aytekin als „Torrichter“
ablieferte. Fünf Persönlichkeiten standen dort
auf dem Platz, sicher in ihrem Handeln und
ihren Entscheidungen. Das war ebenso eine
Werbung für das deutsche Schiedsrichter-
Wesen wie wenige Tage zuvor die Leistung von
Felix Brych und seinem Team im Halbfinale der
Champions League zwischen Chelsea und Bar-
celona.
Wenn diese Ausgabe der Schiedsrichter-Zei-
tung erscheint, steht die Europameisterschaft
in Polen und der Ukraine unmittelbar bevor,
und ich bin sicher, dass Wolfgang Stark mit
seinem Team auch dort mit Ruhe und Über-
sicht überzeugen wird.
***
Dass sich die nominierten Schiedsrichter wäh-
rend der Zeit der EM nicht zu ihren Spielen und
denen ihrer Kollegen äußern sollen, hat die
UEFA angeordnet. Nicht jeder sieht das als
richtig an, aber für die Konzentration der
Schiedsrichter ist diese Maßnahme sicherlich
förderlich. Und so werden sie sich natürlich
auch nicht via Internet mit Statements zu Wort
melden.
Facebook, Twitter und andere soziale (?) Netz-
werke sind das Titelthema dieser Ausgabe. Ich
lehne es grundsätzlich ab, mich in einem sol-
chen virtuellen Raum zu bewegen, weil man
dabei schnell die Übersicht verlieren kann. Vor
allem jüngeren Schiedsrichtern empfehle ich,
sehr vorsichtig damit umzugehen. Vieles, was
man einmal im Netz kommuniziert hat, ist
kaum kontrollierbar und erst recht nicht mehr
umkehrbar.
***
Ich wünsche Ihnen im Namen der DFB-Schieds-
richter-Kommission viel Freude an den EM-
Spielen und eine erholsame Sommerpause!
Ihr
Herbert Fandel
Titelthema
„
Immer bedenken:
Wer schreibt, der bleibt!“
Nutzen und Risiken der sozialen Netzwerke
4
Interview
„
Wir wollen weiter Stein auf Stein
setzen“
Herbert Fandel über Bilanz und Ausblick
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Report
Ein ganz besonderer Pate
Wie Peter Werner in Afrika hilft
11
Panorama
12
Regel-Test
Schrittfehler des Torwarts?
15
Lehrwesen
Spaßbremse Unsportlichkeit
Was der DFB-Lehrbrief Nr. 43 enthält
16
Analyse
Wenn die Hand ins Spiel kommt
Was wir aus der Bundesliga lernen können
19
Vorschau
Aufwärmen für die EM
Wie das „Team Stark“ sich vorbereitet hat
24
Futsal
Großes Finale in Lübeck
27
Report
Fußball ist auch eine Sprache
Ein ungewöhnlicher Auftritt in Mosambik
28
Blick in die Presse
Was die anderen schreiben
29
Vorschau 5/2012
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