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beim Thema Integration wichtig. Positive Beispiele zeigen, dass Integration funktioniert und ermuti-
gen zur Nachahmung. Wichtige Integrations-Vorbilder können Menschen mit Migrationshintergrund
sein, die durch ihre eigene Biographie anderen Menschen mit Migrationshintergrund Wege aufzeigen
und Mut machen sowie die Akzeptanz für kulturelle Vielfalt und Anerkennung beispielsweise in der
Aufnahmegesellschaft bekräftigen.
Bedeutung für den Fußball:
Spitzenspieler/innen und Nationalspieler/innen mit Migrationshintergrund stehen nicht nur für sport-
lichen Erfolg, sondern sind auch Vorbilder für die gesamtgesellschaftliche soziale Integration.
Spieler/innen wie Mesut Özil, Serdar Tasci, Cacau, Célia Okoyino da Mbabi und Fatmire Bajramaj zeigen
Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, dass Erfolg unabhängig von sozialer und kultureller
Herkunft möglich ist.
Eltern, Lehrer/innen und gerade auch die Schlüsselrollenträger/innen im Fußball sind als positive
Vorbilder besonders gefragt, obwohl sie weder prominent noch unfehlbar sind.
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Sie haben trotzdem
einen großen Einfluss auf ihre Umgebung. Trainer/innen, Betreuer/innen und Vereinsfunktionär/innen
sind wichtige Vorbilder für Kinder und Jugendliche. Insbesondere in der Pubertät, wenn
Heranwachsende eine kritische Haltung gerade gegenüber ihren Eltern und Lehrer/innen einnehmen,
können sie einen anderen Zugang finden. Diese Schlüsselrollenträger/innen im Fußball und im Sport
sollten daher Respekt, Fairplay und Chancengleichheit vorleben und einfordern. Sie nehmen mit ihrem
Verhalten großen Einfluss auf die Einstellungen und Verhaltensweisen in ihren Mannschaften und
Vereinen. Aus diesem Grund stellen ihnen der DFB und seine Landesverbände verschiedene
Informations- und Qualifizierungsangebote gerade auch im Bereich der Integration und der interkul-
turellen Kompetenz zur Verfügung.
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Schauerte, Thorsten (Hrsg.) (2006): Vorbilder im Sport: Perspektiven auf
ein facettenreiches Phänomen. Köln.
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Definition:
Vorbilder und Idole werden durch ihre Nachahmung erschaffen. Als Vorbilder gelten Menschen, die
Einstellungen und Verhaltensweisen anderer Personen bewusst oder unbewusst beeinflussen.
Umgangssprachlich werden Vorbilder und Vorbildlichkeit meist synonym verwendet. Vorbilder gelten
demnach zumeist als positiv und hilfreich. Eine Person identifiziert sich mit dem Idol, weil
dessen/deren Charakter, Status oder Handeln den eigenen Vorstellungen entspricht und als besonders
nachahmenswert erachtet wird. Zu Vorbilder werden beispielsweise prominente Sportler/innen,
Schauspieler/innen oder Sänger/innen, die hohes Ansehen und Bewunderung genießen.
Zur Entwicklung persönlicher und kollektiver Identität sind Vorbilder insbesondere für Kinder und
Jugendliche wichtig. Soziolog/innen und Psycholog/innen interessieren sich deshalb weniger für „frei
gewählte“ Vorbilder wie Prominente, sondern eher für die prägenden Rollenmodelle aus dem unmit-
telbaren sozialen Umfeld. Die wichtigsten Bezugspersonen und Rollenmodelle sind die Eltern, die
Familie und die so genannte Peergroup, bestehend aus Freund/innen und Bekannten. Aktuelle Studien
belegen, dass fast 60% der deutschen Jugendlichen ein Vorbild besitzen. Die Mehrheit der
Jugendlichen hält dabei ihre Eltern für die „wichtigsten Menschen auf der Welt“. Stars und Sternchen
folgen erst auf den späteren Plätzen.
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Gesellschaftliche Bedeutung:
Über die Bedeutung von Vorbildern für die Entwicklung der Gesellschaft wird diskutiert und gestritten.
Insbesondere die Sorge vor „fehlenden“ oder „falschen“ Vorbildern bestimmt die Debatten. Dabei wird
deutlich, dass gesellschaftliche Vorbilder immer mit normativen Vorstellungen, also der Frage nach
ethisch korrektem Handeln und Verhalten verknüpft sind. Welche Vorbilder „gut“ und welche
„
schlecht“ sind, ist daher eine Frage des eigenen Wertehorizonts, der Sozialisation, Kultur oder reli-
giösen Überzeugung.
Alle sozialen Lernprozesse, vom Erlernen der Sprache, über die Akzeptanz sozialer Verhaltensweisen
bis zur Aneignung kultureller Traditionen, sind ohne die selektive Nachahmung von Vorbildern nicht
denkbar. Die Aneignung von Vorbildern ist ein komplexer psychosozialer Vorgang, der nie zu einer rei-
nen Kopie des Vorbildes, sondern zu sehr individuellen Adaptationen führt. „Alltägliche“ Vorbilder, wie
Eltern, Trainer/innen oder Lehrer/innen, werden nicht nur bewundert und nachgeahmt, sondern auch
abgelehnt. Ein Vorbild ist daher keine Garantie dafür, dass seinem Beispiel auch gefolgt wird.
Gesellschaftliche Vorbilder haben also eher einen symbolischen Charakter und ihre Deutung bleibt
eine persönliche Sache. Im besten Fall können Vorbilder Anlass und Motivation sein, das eigene
Denken und Handeln zu hinterfragen und schließlich das persönlich „Richtige“ selbst zu suchen. Es
zeigt sich, dass „positive“ wie „negative“ Vorbilder erst durch ihre Bekräftigung und Anerkennung
durch das jeweilige soziale Umfeld wirksam werden.
Jede Gesellschaft braucht Pioniere, die gesellschaftliche Entwicklungen anstoßen und fördern. Wie
Wegweiser können sie Orientierung und Ziele vorgeben. Diese Art Vorbilder im Großen wie im Kleinen
sind ihrer Zeit und ihren Mitmenschen teilweise voraus. Gerade deshalb sind positive Vorbilder auch
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Vgl.: Zinnecker, J, Behnken, I., Maschke, S.(2002); Null Zoff, voll busy.
Die erste Jugendgeneration des neuen Jahrhunderts; Hurrelmann, Klaus
u.A. (Hrsg.) (2006): 15. Shell-Jugendstudie: Jugend 2006 - eine prag-
matische Generation unter Druck“. Bielefeld.