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ETHNIE
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Ethnie
Definition:
Ethnizität leitet sich vom griechischen Wort éthnos ab, das Volk oder Stamm bedeutet und von den
Griechen als Bezeichnung für andere, auf ihrem Gebiet lebende Völker verwendet wurde. Als Ethnie
oder ethnische Gruppe werden Menschen bezeichnet, die sich einander aufgrund gemeinsamer
Herkunft (Verwandtschaftsglaube) und kultureller Eigenschaften, wie Sprache, Religion oder
Traditionen verbunden fühlen. Diese subjektiv empfundene ethnische Zugehörigkeit ist Teil einer
gemeinsamen Identität. Sie stellt ein Bindeglied zwischen der Gruppe und ihren einzelnen Mitgliedern
dar, ist aber auch Mittel der Abgrenzung zu anderen Gruppen. Ethnizität ist ein dynamisches
Wechselspiel aus Fremd- und Selbstzuschreibungen, durch soziale Interaktion verändern sich ethni-
sche Grenzen beständig.
Im Gegensatz zu den haltlosen Annahmen der Rassentheorie sind ethnische Gruppengrenzen durch-
lässig und gehen nicht auf biologisch begründete Ungleichheiten zurück. Die Namen ethnischer
Gruppen sind zumeist Selbstbezeichnungen, manchmal gehen sie aber auch auf politische
Zuordnungen (zum Beispiel Nationalität) oder ihre Erforschung durch Ethnologen zurück.
Gesellschaftliche Bedeutung:
Ethnische beziehungsweise als ethnisch verstandene Interessen gelten als Auslöser vieler Konflikte
und kriegerischer Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte. Ethnische Konflikte entstehen zum
Beispiel dort, wo ethnische Gruppen über die Staatsgrenzen verschiedener Länder verteilt sind, nach
politischer Unabhängigkeit streben oder als Minderheiten Opfer von staatlicher Unterdrückung wer-
den. Viele Konflikte in Afrika sind Folgenwirkungen des Kolonialismus, der flexible und diffuse ethni-
sche Grenzen durch willkürliche und starre Staatsgrenzen ersetzte. In Folge des Zerfalls der ehemali-
gen kommunistischen Vielvölkerstaaten gab es auch in Europa ethnische Konflikte, u. a. auf dem
Balkan. Ethnische Abgrenzungen führen nicht zwangsläufig zu Konflikten, andererseits werden in
Konflikten ethnische Grenzen besonders deutlich. In einigen Ländern sind ethnische Gruppen als
nationale Minderheiten offiziell anerkannt und mit spezifischen Schutz- und Sonderrechten ausgestat-
tet, in Deutschland u. a. die dänische Minderheit in Schleswig und die Sorben in der Lausitz.
Durch Migration hat sich die ethnische Vielfalt vieler Länder beträchtlich vergrößert. Die Rolle ethni-
scher Gruppen für die Integration von Migrant/innen in modernen Gesellschaften, ist allerdings
umstritten. Im Falle gescheiterter Integration wird zur Erklärung mitunter das Fortbestehen von „mit-
gebrachten“ ethnischen Identitäten verantwortlich gemacht. Dabei wird ethnische Gruppenbildung
manchmal undifferenziert mit „archaischen“, „unzivilisierten“ oder „fremden“ Lebensweisen und
Traditionen in Verbindung gebracht und unterstellt, die Loyalität zur eigenethnischen Gruppe verhin-
dere die Identifikation von Migrant/innen mit dem Zuzugsland und führe zur Segregation, die den Weg
für eine gleichberechtigte Teilhabe am politischen, sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft
verstelle.
Andere Wissenschaftler/innen halten dagegen die Integration innerhalb der ethnischen Gruppe für einen
wichtigen Ausgangspunkt oder einen möglichen Zwischenschritt (gesamt)gesellschaftlicher Integration.
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Vgl. die Diskussion um Binnenintegration: Elwert, Georg (1982): Probleme
der Ausländerintegration - Gesellschaftliche Integration durch
Binnenintegration? In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und
Sozialpsychologie Nr. 4, S. 717 – 731; Esser, Hartmut (Hrsg.) (1983): Die
fremden Mitbürger. Möglichkeiten und Grenzen der Integration von
Ausländern. Düsseldorf.
Allerdings gibt es auch Kritik, denn der Empowerment-Ansatz blendet aus, dass einige Umstände und
Vorraussetzungen nicht von persönlichen Kompetenzen oder Engagement abhängig sind. Gemeint
sind damit vor allem die Verweigerung rechtlicher Anerkennung oder soziale Diskriminierung, die
gesellschaftliche Teilhabe erschweren.
Bedeutung für den Fußball:
Empowerment-Strategien lassen sich im Rahmen des Sports gut verwirklichen. Der gemeinsame Sport
fördert soziale Kompetenzen, die auch in anderen Bereichen der Gesellschaft relevant sind. Vor allem
schafft er Raum für Begegnungen, durch die das persönliche Verhältnis zwischen Migrant/innen und
Einheimischen verbessert werden kann. Nichts stärkt dabei so nachhaltig wie Vertrauen und
Anerkennung. Besonders für jüngere Spieler/innen sind Sportvereine wichtige Orte der Sozialisation,
an denen soziale Verantwortung eingeübt und die eigenen Vorstellungen und das eigene Verhalten
mit gesellschaftlichen Werten und Normen verglichen werden können. Sport vermittelt das nötige
Selbstbewusstsein, sich auch in anderen Bereichen der Gesellschaft zu engagieren.
Engagement im Verein, zum Beispiel durch die Übernahme von Verantwortung in Ehrenämtern, als
Trainer/innen oder in den Gremien der Verbände ist ein entscheidender Schritt in Richtung
Integration. Für ältere ausländische Spieler/innen, Betreuer/innen oder Funktionär/innen macht sich
die Vereinsarbeit sogar im Falle einer Einbürgerung bezahlt, denn durch außerordentliche
Integrationsleistungen kann sich ihre Wartezeit verkürzen. Im Zusammenhang mit dem Empowerment
von Migrant/innen sind die so genannten ethnischen Vereine besonders zu betrachten, die so viel zur
sozialen Integration in ihrem lokalen Umfeld beitragen.
INTEGRATION A–Z
EMPOWERMENT
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