ABB. 2
HEALTH ACTION PROCESS APPROACH
MODELL (HAPA)
1 8 8
FRAUENFUSSBALL
Bild. Demnach differenzieren nicht-lineare Parameter
häufig viel besser zwischen physiologischen und patho-
logischen Gruppen.
Insgesamt bieten die Meta-Analysen durchaus Anlass zu
Optimismus, was effektive Verletzungsprävention an-
geht. Dennoch muss das mit Blick auf Forschungslücken
und auch limitierende Faktoren deutlich relativiert wer-
den. An dieser Stelle ist nicht zuletzt die „Compliance“
zu nennen, das kooperative Verhalten von Athleten oder
Patienten.
Compliance – Voraussetzung erfolgreicher
Prävention
In der Medizin gilt Compliance nicht nur für den Bereich
der Prävention im Sport als ein zentraler Einflussfaktor
hinsichtlich von Trainingseffekten. In einer relativ
aktuellen Meta-Analyse hat man neuromuskuläre Trai-
ningsprogramme in ihrer Wirkung auf Kreuzbandrup-
turen und einhergehend auch die Compliance unter-
sucht. Es zeigte sich über alle Studien hinweg eine inver-
se Relation in der Form, dass die Inzidenz von Kreuzband-
rupturen jeweils geringer ist, wenn eine hohe Compliance
vorliegt. Oder kurz: Je geringer die Compliance, desto
größer ist das Verletzungsrisiko – und umgekehrt.
Die Messung der Compliance ist dabei eine Frage der
Definition. In einer Studie im Handball hat man die Com-
pliance als erfüllt definiert, wenn an 15 Präventionsein-
heiten 75% der Spieler teilgenommen haben. Je nach-
dem, welche Kohorte man sich bezüglich dieser Inter-
vention angeschaut hat, Amateursportler oder höher-
klassige Sportler, konnte man eine Compliance-Rate von
26
bis 50% verzeichnen – dramatisch niedrige Werte. In
solchen Fällen ist es nicht überraschend, dass gute Pro-
gramme mitunter nur eine begrenzte Wirkung entfalten.
Für tiefergehende Erkenntnisse im Kontext einer mög-
Ergebnis-
erwartung
Handlung
Aufrecht-
erhaltung
Bewälti-
gungspläne
Absicht
Handlungs-
pläne
Volitionale
Phase
Aktionale
Phase
Intentionale/
motivationale Phase
Präintentionale
Phase
Risiko-
einschätzung
Selbstwirksamkeits-
wahrnehmung
Allerdings liegt innerhalb der Gruppe der Frauen selbst
keine signifikante Korrelation zwischen der Kreuzband-
stärke und Kreuzbandrupturen vor.
Auch die Hypermobilität ist als Risikofaktor ins Auge
gefasst worden, ohne dass bis heute gesicherte Erkennt-
nisse gewonnen wurden.
Effekte von präventiven Trainingsprogrammen
Zielsetzung insbesondere im Frauenfußball muss es
sein, dem erhöhten Risiko mit adäquaten Präventions-
maßnahmen zu begegnen. Bezüglich geeigneter Metho-
den stößt man in der Literatur auf eine große Varianz
hinsichtlich singulärer Übungen über Kombinationen bis
hin zu Übungsbatterien. Selbiges trifft auf Ergebnisse
über Effekte von Maßnahmen zu. So kamen zwei in ihrer
Anordnung vergleichbare Untersuchungen – beiden lag
als Interventionsmaßnahme ein bestimmtes Balance-
Board-Training zugrunde – zu gegenteiligen Ergeb-
nissen. In einer Studie wurde ein höchst signifikanter
positiver Effekt in der Interventionsgruppe im Vergleich
zu einer Kontrollgruppe ermittelt. In der anderen Studie
ergaben sich komplett inverse Effekte, 80% der Kreuz-
bandrupturen betrafen die Interventionsgruppe.
Blickt man allerdings auf jüngste Meta-Analysen bzw.
Reviews, sind Trainingsprogrammen insgesamt durch-
aus verlässliche Präventionseffekte zuzuschreiben.
Die Kombination mehrerer Komponenten, die sowohl
auf die sensomotorische Leistungsfähigkeit, Gleich-
gewichtsregulation als auch auf die Kraft fokussiert sind,
scheint hierbei wirksamer zu sein.
Weiter erweisen sich solche Programme als erfolgreich,
die vor und während der Saison, also während einer län-
geren Dauer Anwendung finden.
Und schließlich ist das Alter relevant, bei jüngeren
Athletinnen sind die Präventionseffekte deutlich besser.
Dies betrifft besonders Sportlerinnen bis zum 18.
Lebensjahr.
Außerdem funktionieren die Programme offenbar bei
Fußballerinnen besser als bei Handballerinnen.
Inhaltlich sind in Zusammenhang mit Kraftkomponenten
plyometrische Übungen, Sprünge und reaktive Anforde-
rungen hervorzuheben, die eher eine signifikante Wir-
kung zeigen im Vergleich zu einem einfachen Gleichge-
wichtstraining. Diese Erkenntnis ist aber durchaus im
methodischen Kontext, in Bezug auf Gleichgewichts-
kenngrößen zu hinterfragen. Üblicherweise bildet man
die Gleichgewichtsregulation über lineare Parameter ab,
d.h., der Weg des „Centre of Pressure“ wird als Indikator
dafür bestimmt, wie gut das Gleichgewicht gehalten wer-
den kann. Allerdings zeichnen neuere Forschungsprojek-
te hinsichtlich der Gleichgewichtsregulation ein anderes