Vorwort von Jan Baßler
(
Robert-Enke-Stiftung)
Die Robert-Enke-Stiftung wurde vor drei Jahren gegrün-
det. Die drei Stiftungsgründer, der DFB, der Ligaverband
und Hannover 96, haben damals gemeinsam mit The-
resa Enke die Stiftungsurkunde unterschrieben. Die Stif-
tung beschäftigt sich mit zwei Zwecken: erstens mit Kin-
derherzkrankheiten, was viele nicht wissen. Die Eheleute
Enke hatten eine gemeinsame Tochter, die leider sehr
früh aufgrund eines Herzfehlers verstorben ist.
Der zweite Stiftungszweck ist die Erforschung und Be-
handlung von Depressionserkrankungen, einerseits als
Phänomen im Leistungssport und andererseits als
Volkskrankheit. Im ersten Fall geht es darum, niedrig-
schwellige Angebote für Leistungssportlerinnen und
-
sportler zu schaffen. Wir finanzieren z.B. die Koordi-
nationsstelle „Mental Gestärkt“ und die acht DGPPN-
Zentren, verteilt auf acht Uni-Kliniken in Deutschland.
Hier geht es vor allem darum, Sportler auf ihrem Weg zu
begleiten, die sich zu einem offen Umgang mit ihrer
Krankheit entschlossen haben. Im Fall von Markus Miller
hat sich gezeigt, dass wir diesbezüglich ein Stück weiter
gekommen sind.
Hinsichtlich der Depression als Volkskrankheit geht es
vor allem um Öffentlichkeitsarbeit, um eine Enttabuisie-
rung des Themas und Entstigmatisierung des Krank-
heitsbildes. Wir wollen die vielen Betroffenen zu einem
offenen Umgang ermutigen, aber auch den Nicht-Betrof-
fenen deutlich machen, dass es sich um eine ernstzu-
nehmende Krankheit handelt.
In diesem Zusammenhang der Ziele der Stiftung möchte
ich mein Vorwort zu diesem Kongressbeitrag von Florian
Holsboer mit einer Aussage beenden, die er eine Woche
nach dem Tod Robert Enkes getätigt hat:
Es geht darum, nicht nur die Fußballszene, sondern die
gesamte Öffentlichkeit inklusive der Medien davon zu
überzeugen, dass man offen mit dieser Erkrankung um-
gehen muss. Mir geht es um das Stück Normalität, die
wir bei psychischen Erkrankungen akzeptieren müssen.“
Depressionen als individuelles und
gesellschaftliches Problem
Fußball ist ein Sport, der die Spieler an die psychischen
Leistungsgrenzen heranführen kann. Wenn eine ent-
sprechende Disposition vorliegt, kann es durchaus zu ei-
ner klinischen Symptomatik kommen. In diesem Kontext
ergeben sich drei zentrale Fragen für Fußballvereine:
Erhöhen die heutigen Rahmenbedingungen im Fußball-
sport das Risiko, psychisch zu erkranken?
Was sind die wichtigsten psychischen Erkrankungen
im Zusammenhang mit außergewöhnlichem Stress?
Was können die Vereine tun, um das Risiko zu
beschränken?
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Die Zahl diagnostizierter Depressionen wächst insbesondere in den führenden Wirtschaftsländern stetig.
In Deutschland liegen die gesellschaftlichen Kosten bei 22 Mrd.
.
Um das persönliche Leid der wirklich
Betroffenen nicht zu bagatellisieren, ist zur Unterscheidung von inflationären Fehldiagnosen unbedingt eine
Optimierung der Diagnostik mittels Laboruntersuchungen zu empfehlen. Bestimmte Einflussfaktoren und
Gen-Umwelt-Interaktionen sind als mögliche Ursachen mit den üblichen Diagnosemanualen nicht adäquat
abzubilden. Viele Stressoren, die bei entsprechender Disposition des Einzelnen ein hohes Erkrankungsrisiko
bedingen, spielen im Profifußball eine (zugespitzte) Rolle. Konsequenz für die Vereine muss sein:
Maßnahmen der Prävention, Früherkennung, Therapie und Rehabilitation implementieren und Kompetenz-
netzwerke entwickeln bzw. nutzen.
Burnout und Depression –
ein Problem für den Profifußball?
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h.c. mult. Florian Holsboer, Max-Planck-Institut für Psychiatrie