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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 1 / 2 0 1 4
Baguette-Boden“ statt einem „Par-
kettboden“ führt: „Wir müssen mit-
einander reden und nicht überein-
ander oder aneinander vorbei, sonst
entstehen Missverständnisse“, resü-
miert Dingert.
Sowohl Spieler als auch Trainer und
Schiedsrichter hätten alle eine
Gemeinsamkeit, und zwar „den Spaß
und die Freude am geliebten Fuß-
ballsport“. Trotzdem liege es in der
Natur der Sache, unterschiedliche
Ziele zu verfolgen, „die zu unter-
schiedlichen Auffassungen und
somit auch manchmal zu Konflikten
führen“.
Die Handgreiflichkeiten gegen
Schiedsrichter in der Vergangenheit
nimmt er als Anlass, die Bedeutung
der Veranstaltung herauszustellen:
Wir werden hier nicht rausgehen
und die Welt verändern. Aber wir
müssen solchen negativen Entwick-
lungen aktiv entgegensteuern, posi-
tive Signale setzen und einen ersten
Schritt gehen, damit ein zweiter
gemacht werden kann.“
Daraufhin bittet Moderator Hans E.
Lorenz, Vorsitzender des DFB-Sport-
gerichts, die Teilnehmer der Podiums-
diskussion auf die Bühne: Schieds-
richter, Trainer und Vereins-
vertreter.
Neben lockeren, persönlichen The-
men spricht Lorenz auch die kriti-
schen an, möchte angesichts einer
steigenden Zahl von Spielabbrüchen
wissen, ob die Töne in der Pfalz
rauer geworden sind.
Während Thomas Frey vom VfL
Essingen noch keine Negativerleb-
nisse dieser Art hatte, berichtet
Christian Dingert von einer brenzli-
gen Situation: „Ich erinnere mich an
ein Spiel, in dem sich die Stimmung
hochgeschaukelt hat – entstanden
durch zwei kritische Situationen, die
ich heute vielleicht auch anders ent-
scheiden würde. Als die Spieler
dann zwei Meter lang Spalier bis zur
Kabine standen, da wurde mir
natürlich auch anders. Als Schieds-
richter geht so etwas nicht spurlos
an einem vorbei.“
Von Markus Rach, Trainer des TuS
Albersweiler, möchte der Moderator
wissen, was dieser von einem guten
Schiedsrichter erwartet. „Ein guter
Schiedsrichter sollte vor allem den
Regeln Geltung verschaffen. Als
zweites sollte er unbedingt die
Gesundheit der Spieler schützen.
So muss es bei brutalen Fouls eine
Rote Karte geben. Wenn die Spieler
merken, dass der Schiedsrichter
sofort reagiert, kann dies das Spiel
fairer machen.“
Und vor allem wünscht sich Rach,
dass man „auch mal zum Schieds-
richter sagen kann: ‚Was war das
denn?’, und dieser mit einem locke-
ren ‚Sei mal ruhig, Trainer’, antwor-
tet. Wichtig ist, dass man als Mensch
auf den Platz geht.“
Weitere aktuelle sowie ständige
Themen rund ums Schiedsrichter-
Wesen kommen bei der Diskussion
ebenfalls zur Sprache: die zuneh-
mende Professionalisierung im
Elite-Bereich, die Herausforderung
für Schiedsrichter und Assistenten
angesichts einer wachsenden
Anzahl Fernsehkameras und Super-
Zeitlupen.
Aber auch die technischen Verände-
rungen, die es im Amateurbereich in
den vergangenen Jahren gab, wer-
den diskutiert. Durch das DFBnet
sind zum Beispiel die Schiedsrichter
schon Wochen im Voraus bekannt.
Früher war es für die Vereine eine
Überraschungskiste“, wer sie
pfeift.
Selbstverständlich schaue ich mir
vorher an, welcher Schiedsrichter
kommt“, sagt Rach. „Wenn man eine
Weile dabei ist, kennt man die ein-
zelnen Unparteiischen. Selbstver-
ständlich versucht man dann, die
Spieler entsprechend darauf einzu-
stellen.“
Am Ende der Veranstaltung folgt in
feierlichem Rahmen die Ehrung ver-
dienter Schiedsrichter mit der gol-
denen Ehrennadel durch Verbands-
Schiedsrichter-Obmann Erhard Blaesy
und SWFV-Präsident Drewitz. Und
auch die Gewinner eines Regelquiz,
an dem jeder Besucher teilnehmen
konnte, werden ausgezeichnet.
Während die ersten Schiedsrichter
den Heimweg antreten, zieht Hans-
Dieter Drewitz im persönlichen
Gespräch ein Resümee: „Ich finde es
wichtig, dass man den Schiedsrich-
tern durch solche Veranstaltungen
ein Umfeld arrangiert, das das soli-
darische Erleben eines Mann-
schaftssports ermöglicht.“
Zu behaupten, dass mit den diesjäh-
rigen zehn Veranstaltungen die
Anzahl der Spielabbrüche um einige
Prozent heruntergehen könnte, sei
Unsinn. „Aber an einem solchen
Abend die Eskalationsstufen durch-
zugehen und zu besprechen, wie man
wann reagiert, das ist so wichtig wie
gesicherten Rückzug und Platzord-
nung herbeizuschaffen.“ Man müsse
präventiv für die Zukunft erziehen.
Ein breites Lächeln huscht über sein
Gesicht: „Wenn ich die vollen Säle
sehe, die wir bei jeder Veranstaltung
hatten, dann ist mir um das Ehren-
amt und den Fußball nicht bange.
Die große Resonanz zeigt für mich
auch, dass die Leute diese Informa-
tionen und diese Gespräche wollen –
und das ist für uns Bestätigung,
dass das ‚Jahr des Schiedsrichters’
eine notwendige und richtige Aktion
in unserem Verband war.“
1.800
Besucher
bei zehn Events
Insgesamt zehn Veranstaltun-
gen fanden 2013 in den einzel-
nen Kreisen des Südwestdeut-
schen Fußballverbandes
(
SWFV) statt. Diese wurden ins-
gesamt von rund 1.800 Teilneh-
mern besucht. Auch die Neu-
lings-Ausbildung, an der im
vergangenen Jahr 230 Anwär-
ter teilnahmen, war in den ver-
gangenen zwölf Monaten
intensiv beworben worden. Ein
zusätzlicher Lehrgang speziell
für Schiedsrichter über 35
Jahre wurde ebenfalls sehr gut
angenommen und soll 2014
wiederholt werden.
Das Logo der Aktion.
Volle Säle: Rund 200 Zuschauer verfolgten allein in Billig-
heim-Ingenheim die Diskussionsrunde.
Zahlen und Fakten
Der Gedanke, der hinter dem „Jahr
des Schiedsrichters“ steckt, darf mit
dem 31. Dezember 2013 natürlich
nicht beendet sein. „Auch weiterhin
gilt, dass man sich zusammensetzen
und über die Dinge sprechen muss,
um Lösungen zu finden“, sagt
Tobias Christ, der als Mitarbeiter des
Südwestdeutschen Fußballverban-
des die Veranstaltungen mitorgani-
siert hat. Er berichtet davon, dass
zum Beispiel in einem Kreis eine
regelmäßige Gesprächsrunde ins
Leben gerufen werden soll, bei der
sich Fußball-Interessierte austau-
schen können.
Die richtige Kulisse für Ehrungen verdienter Schiedsrichter:
Hier zeichnen Hans-Dieter Drewitz (rechts) und Verbands-
Schiedsrichter-Obmann Erhard Blaesy (links) Christina Biehl
und Bernd Knapp aus.