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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 2
logs auch die Emotionen des Spie-
lers beobachten: Protestiert der
Spieler nur kurz und zieht sich
dann zurück, lässt man ihn am
besten alleine. „Wird jedoch immer
weiter reklamiert oder sogar belei-
digt, so gilt es, als Schiedsrichter
umzuschalten: An dieser Stelle
muss man dann auch mal die dia-
logorientierte Linie verlassen und
über die Autorität agieren, die
einem die Regeln verschafft – nur
dann wird man den Respekt erhal-
ten können“, sagt der Kommunika-
tions-Experte. Das „Sie“ in der
gegenseitigen Ansprache sei zwar
üblich, könne aber durchaus flexi-
bel gehandhabt werden: „Wenn
mich ein Spieler in einer lockeren
Atmosphäre duzt, dann kann ich
das auch mal spiegeln und mich
auf der gleichen Kommunikations-
Ebene bewegen, ohne dass daraus
der Eindruck der Kumpanei ent-
steht.“
Um die verbalen Botschaften an
die Spieler auch nach außen hin zu
untermauern, spielt außerdem die
Körpersprache eine wesentliche
Rolle. Wichtig dabei ist: Zu einer
bewussten Kommunikation über
die Körpersprache gehört Körper-
spannung. „Das signalisiert allen
Beteiligten, dass der Schiedsrich-
ter konzentriert ist und ein Kon-
zept hat, das Spiel zu leiten“,
erklärt Fröhlich. Für ihn ist es auch
die Variabilität im Kommunika-
tions-Repertoire, die einen guten
von einem hervorragenden
Schiedsrichter unterscheidet.
Die entsprechenden Anforderun-
gen lassen sich in vier Fragen
zusammenfassen:
Wer beherrscht sowohl den
partnerschaftlichen Umgang
als auch das Rüberbringen von
klaren Botschaften, wenn Gren-
zen überschritten werd
Wer kann sich in brisanten
Situationen zurücknehmen und
einen Spieler auch mal sich
selbst überlassen?
Wer kann einen Konflikt mit den
richtigen Worten und zugleich
mit wenig Gestik erfolgreich
lösen?
Wer schafft es, sich durch das
Verhalten der Spieler nicht
emotionalisieren zu lassen?
Grundprinzip bei jeder Form der
Kommunikation ist es, möglichst
authentisch zu sein. „Das Aus-
strahlen von Selbstsicherheit ist
zunächst sehr positiv – man darf
es aber nicht übertreiben. Will man
sein Selbstbewusstsein bewusst
demonstrieren, dann kann das
schnell über die Grenze zur Arro-
ganz und zur Aufgesetztheit
gehen“, mahnt Lutz Michael Fröh-
lich zur „Natürlichkeit“. Als Tipp
gibt er auf den Weg, beim Dialog
mit den Spielern auch mal das
Element der Frage zu verwenden:
Wenn man das Gesagte von dem
Spieler aufnimmt, sich in einer
Frage kurz weiter damit beschäf-
tigt, signalisiert man Interesse am
Anliegen seines Gegenübers.“ Als
klassisches negatives Beispiel sei
dagegen häufig zu beobachten,
dass ein Spieler ununterbrochen
beim Schiedsrichter meckert, bis
dieser irgendwann die Gelbe Karte
zückt, ohne dass zwischendurch
eine Kontaktaufnahme stattgefun-
den hätte. So kann natürlich kein
Dialog zustande kommen.
Kommunikation kann man auch
lernen. Am besten durch Erfahrung
und Selbstreflektion über die eigene
Wirkung im Umfeld. Wer Bereit-
schaft zur Kommunikation zeigt,
wer mit Freude kommuniziert, der
kommt dann auch besser an“, sagt
Fröhlich. Offenheit ist wichtig.
Zieht sich der Spielleiter dagegen
permanent zurück und kommuni-
ziert mit den Spielern ausschließ-
lich über Entscheidungen und
Sanktionen, dann wird er das
Die vier Seiten einer Nachricht
Wenn ein Mensch etwas von sich gibt, enthält seine Nachricht vier
Botschaften gleichzeitig. Beispiel: Der Schiedsrichter verwarnt den
Spieler und sagt: „Beim nächsten Foul gehen Sie duschen.“
Auf der
Sach-Ebene
stehen Fakten und Sachverhalte im Vordergrund.
Der Schiedsrichter verbalisiert die Verwarnung und zeigt eine Konse-
quenz für den Wiederholungsfall auf.
Auf der
Ebene der Selbstoffenbarung
gibt der Sender automatisch
Informationen über seine eigene Persönlichkeit preis. In diesem Fall
bringt der Schiedsrichter dem Spieler rüber: „Ich akzeptiere das
nicht und bin bereit zur Konsequenz. Ich setze mich als Schiedsrich-
ter durch.“
Auf der
Beziehungs-Ebene
wird deutlich, dass der Schiedsrichter
derjenige ist, der das Spiel leitet und das Recht hat, einen Spieler zu
sanktionieren. Er ist der Entscheider. Der Spieler ist derjenige, über
dessen Verhalten zu entscheiden ist.
Auf der
Appell-Ebene
erfolgt die Botschaft an den Spieler, sein Ver-
halten/seine Spielweise zu verändern. Der Schiedsrichter möchte
erreichen, dass der Spieler die restliche Spielzeit fair spielt.
Wenn es zu Missverständnissen in der Kommunikation kommt, sind
meistens die Wortwahl oder die Intonation das Problem“, erklärt Lutz
Michael Fröhlich. „Da steht dann am Ende meistens die Aussage: ‘So
habe ich das nicht gemeint.’“
Mit einer entsprechenden Gestik untermauert der Schieds-
richter seine Botschaft.
Als Schiedsrichter sollte man vor allem auf der Sach-
und auf der Appell-Ebene kommunizieren.
Das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun