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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 1 / 2 0 1 2
Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen.
Editorial
Inhalt
Liebe Leserinnen und Leser,
zu den vielen Eigenschaften, die einen guten
Schiedsrichter ausmachen, gehört die Fähig-
keit, gerade in schwierigen und turbulenten
Situationen Ruhe und Übersicht zu bewahren.
Unaufgeregt bleiben, wenn alle sich aufregen,
beobachten statt ins Rudel zu laufen, sich die
notwendige Zeit nehmen für eine angemessene
Entscheidung. Nur ein Schiedsrichter, der sich
nicht von der Hektik des Spiels vereinnahmen
lässt, wird am Ende die notwendige Akzeptanz
der Spieler erhalten.
Auch außerhalb des Platzes hat diese Devise
Gültigkeit. Wenn wie in diesem Herbst gesche-
hen, Ereignisse und Vorfälle im deutschen
Schiedsrichter-Wesen einem nahezu den Atem
nehmen, sind Aktionismus und Hektik der fal-
sche Weg. Dies ist schwierig, weil die heutige
Medienwelt mittlerweile viele Facetten bereit-
hält, die einer ruhigen und an Fakten orientier-
ten Aufarbeitung entgegenstehen.
Es gilt Hintergründe zu beleuchten, Fakten zu
sammeln und zu bewerten, um aus diesen
Erkenntnissen heraus Dinge zu verändern und
aus einer schwierigen Lage heraus wichtige
und positive Schritte in die Zukunft zu tun.
Dies ist das Ziel der DFB-Schiedsrichter-Kom-
mission gemeinsam mit den anderen Gremien,
gemeinsam mit Fachleuten, die sich in den
Dienst der Sache stellen.
Experten-Meinungen“ von Menschen, die
selbst keinerlei Verantwortung übernehmen,
sind dabei für uns kein Maßstab.
Das Fernsehen hat mit seinen technischen
Möglichkeiten die Sehgewohnheiten vieler
Zuschauer inzwischen so verändert, dass sie
meinen, ein Schiedsrichter müsse genau das
erkennen können, was sie selbst auf ihrem
Bildschirm sehen. Der Kommentar eines
Reporters während einer Champions-League-
Übertragung vor einigen Wochen zeigt, wie
weit sich das Ganze „entwickelt“ hat: „Das
rechte Bein war klar im Abseits, das muss ein
Assistent schon sehen“, entfuhr es ihm nach
Ansicht des Standbildes inklusive virtueller
Abseitslinie.
Diese Entwicklung ist kaum mehr zurückzu-
drängen. Zeitlupe, Standbilder, Abseitslinien
gehören mittlerweile zum Fußball dazu und
machen es dem Schiedsrichter nicht einfacher.
Der Druck auf unsere Schiedsrichter ist auch
In der Ruhe
liegt die Kraft
Herbert Fandel,
Vorsitzender
der DFB-
Schiedsrichter-
Kommission.
aus diesem Grund heute ungleich höher als
noch vor wenigen Jahren. Entscheidungen ste-
hen im Mittelpunkt von Fußball-Übertragungen
und Sportsendungen. Einzel-Entscheidungen
und nicht die gesamte Spielleitung gelten
mittlerweile in der Öffentlichkeit als Maßstab
für die Beurteilung einer Schiedsrichter-Leis-
tung.
Alle Beteiligten müssen deshalb die Position
des Schiedsrichters stärken. Kein Trainer, kein
Manager und auch kein Spieler hat etwas
davon, wenn man die Schiedsrichter ständig
zusätzlich unter Druck setzt, ihnen andauernd
scheinbare und tatsächliche Fehler vorhält
und die Unparteiischen auch noch auffordert,
dies alles in einem Interview nach dem Spiel
einzuräumen. Die „Ankläger“ sägen damit an
dem Ast, auf dem sie selbst sitzen.
Von der Spitze bis zur Basis gilt auf allen Ebe-
nen des Fußballs der Satz aus der Regel 5:
Jedes Spiel wird von einem Schiedsrichter
geleitet, der die Befugnis hat, den Spielregeln
in dem Spiel, für das er aufgeboten wurde, Gel-
tung zu verschaffen.“ Wer das nicht akzeptie-
ren will, sondern im Unparteiischen eher einen
Feind sieht, der ihn hindert, seine Aggressio-
nen auszuleben, hat im Fußball nichts verloren –
egal ob als Spieler, Trainer oder Vereinsverant-
wortlicher, egal in welcher Spielklasse.
Wir Schiedsrichter sind kein notwendiges Übel,
sondern ein unabdingbarer Teil der Faszina-
tion Fußball. Diese Sichtweise muss bei allen
Beteiligten wieder im Vordergrund stehen,
denn sie ist auch und gerade an der Basis, im
Jugendfußball, von unschätzbarer Bedeutung.
Zustände wie in diesem Herbst in Berlin sind
nicht hinnehmbar und müssen eine Ausnahme
bleiben. Sonst nimmt der gesamte Fußball
erheblichen Schaden.
Trotz aller Schwierigkeiten wünsche ich Ihnen
allen für das Jahr 2012 das notwendige Glück.
Und denken Sie daran: „In der Ruhe liegt die
Kraft.“
Ihr Herbert Fandel
Titelthema
Der DFB sagte „Danke, Schiri!“
Die große Feier in Hannover
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Report
Alle Lehrwarte auf einer Plattform
Die Vernetzung schreitet voran
10
Blick in die Presse
Was die anderen schreiben
13
Panorama
15
Regel-Test
Einhaken - was kann da passieren?
17
Lehrwesen
Taktik ist nicht nur etwas für Spieler
Wie man sich im Kopf aufs Spiel vorbereitet
18
Historie
Digitales Museum für Bekleidung
Die ungewöhnliche Aktion von Ulrich Wujanz
21
Analyse
Mut zur Korrektur
Lehrreiche Szenen aus der Bundesliga
22
Service
Dynamische Augen
Ein interessantes Experiment in Hennef
27
Porträt
Auch mit 85 -
Schule“ macht immer noch Spaß
Zu Besuch bei Gerhard Schulenburg
28
Aus den Verbänden
32
Vorschau 2/2012
34
Der zweite Teil des „Zeitreise“-Artikels über Ger-
hard Schulz muss aus technischen Gründen auf die
nächste Ausgabe verschoben werden. Wir bitten um
Verständnis.